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Aus: Ausgabe vom 02.11.2024, Seite 1 / Titel
Klimakrise

Im Stich gelassen

Spanien: Nach der Flutkatastrophe organisieren sich Nachbarn angesichts der Untätigkeit der Behörden selbst
Von Carmela Negrete
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Prinzip Selbsthilfe: Freiwillige nehmen die Beseitigung der Schäden in die eigene Hand (Paiporta, 1.11.2024)

Tausende Menschen, darunter viele junge Leute, haben sich selbst organisiert, um den Einwohnern in den am schwersten zerstörten Gebieten der spanischen Region Valencia beizustehen. Mit Besen, Wasserkanistern, Rucksäcken voller Lebensmittel und Medikamenten ziehen sie durch die Straßen, die oft kilometerlang nur zu Fuß passierbar sind. Die spanischen Behörden haben davor gewarnt, in den Katastrophengebieten das Auto zu benutzen, vor allem in den vielen Dörfern, in denen am Dienstag sintflutartige Regenfälle schlimmste Zerstörungen anrichteten. Noch immer, bestätigen Medienberichte und Hilferufe in den sozialen Netzwerken, sind viele Menschen in ihren Häusern eingeschlossen.

Während die institutionelle Hilfe nur zögerlich eintrifft, werden Suppenküchen mit dem improvisiert, was sich noch finden lässt. Ohne Strom, ohne Wasser. Besonders perfide: In Orten, in denen noch keine Unterstützung angekommen ist und keine Einkaufsmöglichkeiten mehr vorhanden sind, kassieren Einwohner trotzdem Anzeigen, wenn sie beispielsweise Wasser oder Lebensmittel aus den geschlossenen Geschäften mitnehmen.

Es war der schlimmste Sturm, den Spanien seit hundert Jahren erlebt hat. Das wahre Ausmaß der Schäden ist noch immer unbekannt. Die Zahl der Vermissten geht in die Tausende. Bis Freitag mittag wurden laut offiziellen Quellen 202 Todesopfer beklagt. Gleichzeitig sind die sozialen Netzwerke voller Nachrichten von Nachbarn, die behaupten, dass noch immer Leichen unter Trümmern, in überschwemmten Kellern und Garagen oder sogar in den Häusern liegen, die geborgen werden müssten.

Am Donnerstag verkündete Regionalpräsident Carlos Mazón, Mitglied der konservativen Volkspartei (PP), dass die Armee für Aufräumarbeiten eingesetzt werden solle. Das Verteidigungsministerium entsandte darauf 1.700 Soldaten von den rund 120.000, die Spaniens Militär umfasst – eine Zahl, die angesichts der Zerstörung lächerlich erscheint und kaum einen Unterschied macht, wie zahlreiche Augenzeugen berichten. Die linke Partei Podemos fordert die Regierung auf, den Notstand auszurufen, alle verfügbaren Kräfte zu mobilisieren und zeitweise Hotels und andere Unterkünfte zu beschlagnahmen. Während Menschen verzweifelt Hilfe suchen, klettern die Hotelpreise in Valencia in unerschwingliche Höhen.

Mazón selbst gerät zunehmend in die Kritik. Gemeinsam mit der Klimaleugnerpartei Vox regierend, hatte er in seiner Amtszeit die Einheit für Naturkatastrophenrettung abgeschafft und die Bevölkerung am Dienstag in der schwersten Stunde in die Irre geführt, als er um 18 Uhr ankündigte, dass der Regen bald aufhören würde – genau in dem Moment, als das Unwetter erst richtig begann. Ironischerweise hatten die Behördenmitarbeiter die Erlaubnis erhalten, vorzeitig nach Hause zu gehen, um nicht in den Sturm zu geraten.

Dabei gab es Warnungen: Das Europäische Zentrum für mittelfristige Wettervorhersagen (EZMW) hatte fünf Tage zuvor eine Prognose veröffentlicht, die vorhersagte, was dann ganz ähnlich auch eintrat, erklärte am Donnerstag Antonio Turiel, Klimaexperte des Obersten Rats für wissenschaftliche Forschung (CSIC), gegenüber dem Sender Canal Red. »Wenn Ereignisse mit einer Intensität und Zerstörungskraft bevorstehen, die einem Hurrikan gleichkommen«, so Turiel, müssten unbedingt »Maßnahmen wie Evakuierungen« angeordnet werden.

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