»An Fortschritte glauben wir nicht wirklich«
Interview: Sara Meyer, CaliDie 16. Artenschutzkonferenz der Vereinten Nationen, COP 16, ist am Freitag im kolumbianischen Cali zum Abschluss gekommen. Wie war Ihre Organisation vertreten?
Auf der »COP des Volkes« waren wir mit mehr als 1.000 indigenen Wächtern und Bauern. In der »blauen Zone«, wo die Regierungen ihre Abkommen aushandeln, waren wir ebenfalls. Aber eine solche Aufteilung sollte es gar nicht geben. Statt dessen sollte alles an einem Ort stattfinden, ohne 30minütige Autofahrt zwischen den beiden Veranstaltungen.
In der »grünen Zone« kommen wir mit dem Volk zusammen. Das ist viel wichtiger. Wir zeigen unser Leben und sprechen mit Personen, die bisher keine Ahnung von uns Indigenen hatten. Sie kennen die Geschichten aus den Medien und denken, wir sind gewalttätig und Teil des bewaffneten Konfliktes. Wir haben aber keine Waffen! In der »blauen Zone« müssen wir präsent sein, weil wir ein Schreiben ausarbeiten wollten, das zeigt, was wir Indigene in Kolumbien über die Klimapolitik und die Abkommen zwischen Regierungen denken.
Gehen Sie davon aus, dass Ihre Forderungen und Ihr Wissen ernstgenommen werden?
Seitens des Präsidenten herrscht auf jeden Fall der Wille, mit uns zusammenzuarbeiten. Gustavo Petro hat alles dafür getan, dass wir unsere Sichtweise präsentieren können. Es gab noch nie so viele indigene Vertreter auf einem Gipfeltreffen wie hier in Cali, das gibt uns Hoffnung. In den vorangegangenen COPs war unsere Meinung nicht erwünscht. Aber wir erwarten auch, dass sich unsere Worte in konkrete Politik umsetzen.
Was erwarteten Sie von dieser Artenschutzkonferenz?
Wir haben uns erhofft, gehört zu werden. Wir wollen unsere Lebensrealität einbringen, da wir sehen, was mit der Natur passiert – wir leben den Klimawandel und machen uns große Sorgen. Wir waren schockiert, dass die lokale Regierung und Unternehmen Zuckerrohrfelder, die in der Gegend alles zerstören, für zig Abholzungen und Zwangsumsiedlungen sowie Wasserverschmutzung verantwortlich sind, als »grüne Landschaft« auf der COP verkaufen wollten. Da waren wir uns einig: Es braucht eine Stimme der Indigenen und nicht nur der Wirtschaftsmächte. Ich blicke auf die Durchführung der COP sehr kritisch, denn es scheint, als ob die Perspektive auf den Klimawandel von den Unternehmen bestimmt wird.
Wo sehen Sie Erfolge, aber auch Enttäuschungen bei der COP 16?
Wir haben es geschafft, der Welt zu zeigen, wer wir sind. Das Zusammenkommen mit dem einfachen Volk war unser größter Erfolg auf der COP. Wir sind ins Gespräch gekommen und haben den Menschen Denkanstöße gegeben, ihnen die Wirklichkeit gezeigt. Es besteht ein großes Interesse an unserem Wissen. Dafür ist die COP gut, um Bündnisse und Kontakte zu schließen. Wir sehen das als Anfang, um in Zukunft die Umwelt besser zu schützen. An Fortschritte seitens der Regierungen, was den Umweltschutz betrifft, glauben wir nicht wirklich.
Der diplomatische Teil mit den Regierungen war ein sehr geschlossener Kreis. Obwohl wir dort präsent waren, waren wir nicht wirklich Teil, da die restliche Welt nicht akzeptiert, dass wir Indigene auch eine Regierung darstellen. Das sehe ich als größte Schwachstelle der Konferenz. Wie will man Fortschritte beim Umweltschutz machen, wenn man nicht auf Augenhöhe mit denjenigen redet, die das nötige Wissen haben?
Was konnten Sie dahingehend erreichen?
Wir haben ein Dokument an Petro übergeben, das unsere Punkte zum Schutz des Planeten beinhaltet. Wir vertrauen auf den Präsidenten, dass er diese in die internationalen Verhandlungen einbezieht. Unsere wichtigste Forderung ist, dass wir indigene Völker als »Garanten der Biodiversität« anerkannt werden. Bisher gibt es nämlich keine Garantien, statt dessen werden wir umgebracht. Außerdem fordern wir Gelder, die uns helfen, unsere Gebiete zu schützen, da sie die Quelle der Artenvielfalt sind.
Was empfehlen Sie künftigen Artenschutzkonferenzen?
Es hat definitiv an Pädagogik gefehlt. Die einfache Bevölkerung hat nicht wirklich verstanden, wofür die COP eigentlich steht.
Luis Acosta ist nationaler Leiter der »Indigenen Wache« der Nationalen Organisation der Indigenen in Kolumbien (ONIC). Dem größten Zusammenschluss indigener Völker im Land gehören knapp 90 Gemeinschaften an
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