Bewegter Ausstand
Von Oliver RastSie bewegen sich, die Kollegen in der Metall- und Elektroindustrie, auch im IG-Metall-Bezirk Berlin, Brandenburg, Sachsen. Die Friedenspflicht im aktuellen Tarifclinch mit der Kapitalseite endete am Montag. In den ersten drei Tagen warnstreikten nach Gewerkschaftsangaben rund 7.000 Beschäftigte in den drei Bundesländern. Etwa in den großen Automobilwerken von BMW und Porsche in Leipzig, bei ZF in Brandenburg an der Havel und bei Alstom in Bautzen. »Wir sind mit der bisherigen Mobilisierung sehr zufrieden«, so IGM-Bezirkspressesprecher Markus Sievers am Freitag zu jW. Die Stimmung in den Betrieben sei aufgeheizt, die Kollegen seien bereit, aktiv zu bleiben und falls nötig, den Druck mittels Arbeitskampfmaßnahmen zu erhöhen. Deutlich sogar.
Allein in Berlin seien in der ersten Warnstreikwoche circa 3.000 Beschäftigte aus 19 Betrieben in den stundenweisen Ausstand getreten. Beispielsweise im traditionsreichen Mercedes-Benz-Werk im Ortsteil Marienfelde, teilte die Hauptstadt-IGM am Freitag mit. Während das Statistische Bundesamt gemeldet habe, dass die deutsche Wirtschaft sich erhole, »klagen und jammern die Arbeitgeber auf höchstem Niveau und verunsichern damit nur die Investoren und die Beschäftigten«, sagte Jan Otto, Erster Bevollmächtigter der IGM Berlin. Und weiter: »Wir verlangen für die Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie nicht mehr als ihren verdienten Anteil an den Gewinnen.«
Konkret: Die IGM fordert ein Entgeltplus von sieben Prozent und eine um 170 Euro erhöhte Ausbildungsvergütung bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Ferner soll es eine »soziale Komponente für untere Einkommensgruppen und mehr Zeitsouveränität für die Kollegen geben«, heißt es aus Metallerkreisen. Und die Bosse? Die knausern, wie üblich, bieten eine Einkommenserhöhung von 1,7 Prozent zum 1. Juli 2025 und von 1,9 Prozent zum 1. Juli 2026. Die Laufzeit? Die wäre lang, 27 Monate lang. Das passt Dirk Schulze nicht. »Wir wollen mehr Entgelt, und wir wollen es früher und mit kürzerer Laufzeit«, betonte der IGM-Bezirksleiter und Verhandlungsführer für Berlin-Brandenburg und Sachsen am Donnerstag gegenüber Medienvertretern. Zumal das seitens der Unternehmer präsentierte Angebot nur eines sei: ein Krisenverstärker.
Wie geht es weiter? Mit der dritten Verhandlungsrunde am kommenden Dienstag. Vormittags bis mittags in Berlin, nachmittags bis abends in Radebeul. Jeweils begleitet von weiteren Warnstreiks, erfuhr jW von Metallern. Die Streikorte dürften indes erst ab Montag 0.01 Uhr bekanntgegeben werden.
Übrigens, gab’s Produktionsausfälle während der Warnstreikwoche? Unklar. Denn detaillierte Informationen hinsichtlich »konkreter Auswirkungen« auf die Fabrikation bestreikter Betriebe lägen bislang nicht vor, sagte Oliver Panne vom Verband der Metall- und Elektroindustrie in Berlin und Brandenburg (VME) am Freitag auf jW-Nachfrage. Und: Wird der VME nachlegen, ein »verhandlungsfähiges Angebot« – wie es die IGM erwartet – am Dienstag präsentieren? Ebenfalls unklar. Man bereite die nächste Tarifrunde vor: Näheres erst später, nicht jetzt. Für die Belegschaften heißt das wohl: In Bewegung bleiben.
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