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Aus: Ausgabe vom 04.11.2024, Seite 5 / Kapital & Arbeit
Ökonomische Beziehungen

Kapital flieht westwärts

Analyse: Abhängigkeit der BRD von US-Wirtschaft zuletzt deutlich gewachsen. Zunehmend politische und ökonomische Risiken
Von Klaus Fischer
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Mehr Exporte in die USA: Wirtschaftliche Abhängigkeit der BRD nimmt zu

Wie abhängig ist Deutschland von den USA? Und welche Konsequenzen ergeben sich nach der dortigen Präsidentschaftswahl kommende Woche für die (wahrlich ins Stocken geratene) Wirtschaft der Bundesrepublik, fragte die Nachrichtenagentur Reuters am Freitag in einem Namensbeitrag. Ein Ergebnis wurde gleich zu Beginn offenbar – die Abhängigkeit ist signifikant gewachsen. Und das unabhängig davon, wer die kommenden vier Jahre das Dollar-Imperium regiert – eine Entwicklung, wie sie zahlreiche Ökonomen seit rund zehn Jahren mit Sorge prophezeit hatten.

Die Rede ist dabei nicht nur von den Konsequenzen des Wirtschaftskrieges gegen Russland, nach dessen Beginn nicht nur zahlreiche BRD-Unternehmen über eine Verlagerung ihres Geschäftes in die USA nachgedacht oder sie bereits exekutiert haben. Selbst die makabre Substitution russischen Erdgases durch US-Frackinggas hat dem Wirtschaftsstandort Deutschland nicht in solchem Maße geschadet wie der Run nach Übersee. Und dieser begann anscheinend viel früher.

»Die deutsche Wirtschaft ist heute in vielen Bereichen abhängiger vom US-Geschäft als 2016, als Donald Trump einen unerwarteten Wahlsieg einfuhr und US-Präsident wurde«, schreibt Reuters-Autor René Wagner. So habe sich der Bestand an deutschen Direktinvestitionen in den Vereinigten Staaten in den zurückliegenden Jahren »um fast ein Drittel erhöht«: von 398 Milliarden US-Dollar 2016 auf »aktuell mehr als eine halbe Billion Dollar«. Dabei sind es nicht nur spekulative Investments, sondern zunehmend »ist auch die Zahl der deutschen Unternehmen, die in den USA aktiv sind«, gestiegen – nach Angaben der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) von »5.363 Betrieben 2016 auf aktuell rund 6.000«.

Deutlich verlagert haben sich – politisch gewollt – auch die Gewichtungen der deutschen Exportwirtschaft, dem Valutabringer der BRD und früheren Glanzstück des einstigen »Exportweltmeisters«. War in den zurückliegenden Jahren – aufgrund der Wirkungsmacht der globalen industriellen Großwerkstatt und der damit verbundenen Importe – China zum wichtigsten BRD-Handelspartner aufgestiegen, blieben die USA dank der BRD-Ausfuhren »das neunte Jahr in Folge der wichtigste Abnehmer deutscher Exporte«, so das Statistische Bundesamt. Und nicht nur, weil sich die deutsche Wirtschaft dank Parlament und Bundesregierung in Fragen der Energiesicherheit von russischem Öl und Gas abgenabelt zu haben scheint, sind auch die Importe aus Übersee deutlich gestiegen: von 58 Milliarden Euro 2016 auf rund 95 Milliarden Euro 2023.

Ökonomische Kooperation gilt als unabdingbar. Und das nicht erst seit Proklamation der Globalisierung Anfang der 2000er Jahre. Doch sind trotz aller westlichen Propaganda von der Dekolonisierung und des endlich erreichten fairen Handels auf Augenhöhe die Bedingungen nicht mitgewachsen. Allein der Status der nationalen Währung (frei konvertierbar oder Binnenwährung) und der vorhandenen – oder nicht vorhandenen – Rohstoffe bzw. hochwertigen Fertigerzeugnisse schafft Ungleichgewichte, die den Alltag im globalen Kommerz dominieren.

Diese Bedingungen drohen sich – trotz weiterer nominaler Stärke der Wirtschaftsleistung (BIP) – auch für die BRD-Ökonomie zunehmend zu verschlechtern. Sollte Donald Trump »gewinnen und seine angekündigten Importzölle durchsetzen, droht ein Handelskrieg mit der EU«, so die Reuters-Analyse. Und dabei ist absehbar, dass die immer stärker am Gängelband Brüssels hängende und bürokratisierte Wirtschaft der EU-Staaten den kürzeren ziehen wird.

Dabei ist noch gar nicht abzusehen, wie schwer es für das sich allmählich deindustrialisierende Deutschland wird, wenn der ohnehin längst forcierte Wirtschaftskrieg der USA (und der EU) gegen China tatsächlich eskalieren sollte. Noch bildet die Kooperation mit dem fernöstlichen Riesen eine wirtschaftlich gesicherte Basis für Profite und die Beibehaltung gleichberechtigter Austauschbeziehungen. Doch das kann sich schlimmstenfalls – siehe Februar 2022 – schnell grundlegend ändern.

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  • Leserbrief von Reinhard Hopp aus Berlin (4. November 2024 um 10:25 Uhr)
    Eine militärische Auseinandersetzung der USA/NATO mit China um Taiwan – und die deutsche Wirtschaft würde in einen Abgrund stürzen mit Folgen, vergleichbar denen von 1929/30. Daher merke: Es ist allemal besser, keine »Freunde« zu haben als die falschen!

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