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Aus: Ausgabe vom 06.11.2024, Seite 4 / Inland
Ampel-Koalition im Bund

Kabinett am Pokertisch

Koalitionsausschuss der Ampelparteien tritt zusammen. Einigung auf gemeinsame Wirtschafts- und Haushaltspolitik das Ziel. Kanzler zuversichtlich
Von Marc Bebenroth
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Schwarz oder rot?: Christian Lindner (M.) neben Friedrich Merz (l.) und Olaf Scholz (r.) im Bundestag (10.9.2024)

Der Union war es nicht gelungen, die Grünen aus der Bundesregierung herauszulösen und deren Platz auf der Regierungsbank einzunehmen. Am Dienstag hat der CSU-Vorsitzende Markus Söder für die aktuelle Strategie den bislang wohl deutlichsten Vorstoß gewagt und die FDP offen aufgefordert, die Seiten zu wechseln. »Meine Empfehlung, lieber Christian, spring, spring«, sagte der bayerische Ministerpräsident nach einer Sitzung seines Kabinetts in München in Richtung FDP-Vorsitzenden und Bundesfinanzminister Lindner. Es brauche »Neuwahlen fürs Land, sonst kommt da nichts raus. Weder für die FDP noch für Deutschland«, sagte Söder.

Seit Lindners »Wirtschaftswende«-Papier an Medien durchgestochen worden war, sieht sich die Union in ihrem Vorhaben bestärkt, die Koalition vor der Bundestagswahl 2025 zur Aufgabe zu nötigen. Lindner fordert in dem von seinem Ministerium erarbeiteten Papier unter anderem Steuersenkungen für Unternehmen, Deregulierung bei Vorgaben zu Klimaschutzmaßnahmen und weiteren Sozialraub. Kritik aus den Reihen der Grünen, sein Vorstoß sei eine Provokation für die Ampelkoalition, hielt der FDP-Vorsitzende am Dienstag auf X (ehemals Twitter) entgegen: »Viele aus Wirtschaft und Wissenschaft finden sie dagegen sinnvoll für Wachstum und Arbeitsplätze.« Gegenvorschläge seien ihm »willkommen«. »Nur Nichtstun« sei »keine Option«, teilte Lindner mit.

Söder zufolge enthalte das Dokument »sehr Sinnvolles« und zeige »große Übereinstimmung« mit den Vorstellungen der Unionsparteien. CDU-Chef Friedrich Merz hatte sich zuvor ähnlich geäußert. Am Dienstag forderte er in Berlin die Bundesregierung auf, »jetzt möglichst bald zu einer Entscheidung« zu kommen. »Entweder rauft sie sich zusammen und versucht, wenigstens die letzten zehn Monate dieser Wahlperiode anständig zu regieren« oder sie gehe auseinander und mache den Weg frei für Neuwahlen, verlangte Merz. Dem Eintreten der Union in eine Restkoalition von SPD und Grünen erteilte der CDU-Chef eine klare Absage.

Derweil loten Bundeskanzler Olaf »Cum-ex« Scholz (SPD), Lindner und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) aus, ob und wie die Koalition bis zur Wahl im September nächsten Jahres »handlungsfähig« bleiben kann. Wirtschafts- und haushaltspolitisch könne man sich einigen, sagte Scholz am Dienstag in Berlin – »wenn man will«. Sein Eindruck nach ersten vertraulichen Gesprächen mit beiden Ministern: »Klar ist: Es ginge.« Es gehe darum, »dass man sich dem Land verpflichtet fühlt, dass es nicht um Ideologie geht«, behauptete der Kanzler. »Da müssen jetzt alle arbeiten.«

Für diesen Mittwoch ist eine Sitzung des Koalitionsausschusses geplant. Von den anstehenden Krisengesprächen wünschte sich der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich am Dienstag, dass sie nicht das Lindner-Papier zur Grundlage haben. Forderungen aus diesem Papier könnten sich aber in einer möglichen Einigung der Koalitionspartner wiederfinden. Die SPD wolle nicht nur wie die FDP »Bürokratieabbau«, sondern auch das von der FDP nicht gerngesehene Gesetz für mehr »Tariftreue« und Tarifverträge auf den Weg bringen.

»Wir wollen in dieser Koalition Verantwortung übernehmen«, erklärte Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge am Dienstag. Die Bundesregierung ermahnte sie, sich noch in dieser Woche auf eine Aufstellung des Bundeshaushalts für 2025 zu verständigen. Der für die Aufrüstung der Bundeswehr zuständige Sozialdemokrat, Verteidigungsminister Boris Pistorius, wies am Dienstag darauf hin, dass die Ampel zusammenhalten müsse, um das Budget seines Ressorts weiter aufzustocken. »Nach jetzigem Stand werden uns rund 52 Milliarden zugesprochen. Damit fehlen uns fast sechs Milliarden Euro im nächsten Jahr«, sagte Pistorius der dpa in Berlin. Am Kabinettstisch soll an diesem Mittwoch auch sein Modell für einen neuen Wehrdienst beschlossen werden.

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