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Aus: Ausgabe vom 08.11.2024, Seite 6 / Ausland
Konflikt um Ukraine

Vorteil im Luftkrieg

Russland hat iranische Technik weiterentwickelt und auch die Produktionszahlen von Drohnen erheblich gesteigert
Von Lars Lange
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Das Original: Iran präsentiert die Drohne »Shahed-136« bei einer Militärparade in Teheran (21.9.2024)

Die ursprünglich aus dem Iran stammende »Shahed«-Drohne, in Russland »Geran-2« genannt, wird zu einem immer größeren Problem für die Ukraine. Denn Moskau hat seine Produktion von weitreichenden Drohnen offenbar erheblich ausgeweitet. Mit der »Garpiya-A1« ist ein neues Modell eingeführt worden, das hauptsächlich chinesische Komponenten verwendet und der iranischen »Shahed«-Drohne stark ähnelt. Wie Reuters im September berichtete, wird das neue Fluggerät vom staatlichen Rüstungskonzern Almas-Antei in einer ehemaligen Zementfabrik in Ischewsk hergestellt.

Zusätzlich zu der »Garpiya-A1« produziert Russland jetzt auch eine Ultrabilligvariante namens »Gerbera«, deren Rumpf aus Hartschaum besteht und einen handelsüblichen Modellbaumotor aufweist. Die neue Drohne ist wie das iranische Original ein Deltaflügler, hat aber ein konventionelles Ruderdesign, während die »Shahed« jeweils ein Ruder an den beiden Flügelspitzen aufweist. Die genauen technischen Spezifikationen sind allerdings noch unklar, etwa ob die »Gerbera« einen Sprengkopf tragen kann oder nur als Täuschdrohne für die ukrainische Luftabwehr oder zur Aufklärung dienen soll.

Zusammen mit der »Garpiya-A1« erhöht sich damit die Zahl der Produktionslinien für Lanstreckendrohnen der »Shahed«-Familie auf vier: die bereits bekannte Linie in Alabuga für den russischen Nachbau »Geran-2«, die neue Linie für die »Garpiya-A1« in Ischewsk, eine noch unbekannte Produktionsstätte für »Gerbera« und natürlich die Produktion im Iran, da Russland vermutlich immer noch »Shaheds« importiert.

Dadurch und durch neueste technische Vereinfachungen etwa des Motors oder der Startvorrichtung haben die Produktionszahlen im Oktober neue Höchststände erreicht. Nach Angaben der ukrainischen Luftwaffe setzte Russland im vergangenen Monat 2.072 Langstreckendrohnen ein – ein deutlicher Anstieg gegenüber den 1.410 Drohnen im September. Das entspricht einem durchschnittlichen Einsatz von 67 Langstreckendrohnen pro Tag.

Es kann daher angenommen werden, dass die tatsächlichen Produktionszahlen deutlich höher liegen als bisher von westlichen Analysten angenommen. Während das US-amerikanische Institute for Science and International Security die jährliche Produktion auf etwa 6.000 Drohnen schätzte, könnten die aktuellen Einsatzzahlen auf eine mögliche Jahresproduktion von bis zu 23.000 Einheiten hindeuten.

Für den Oktober gibt die ukrainische Luftwaffe eine Abfangquote für einfliegende russische Langstreckendrohnen von mehr als 95 Prozent an. Demnach hätten nur rund 50 davon ihr Ziel erreicht. Weder die Zahlen der anfliegenden noch die der abgeschossenen Drohnen sind verifizierbar. Eine Abfangquote von mehr als 50 Prozent wird allgemein als sehr guter Wert angesehen, etwa 75 Prozent scheint in der Regel das technische Maximum für Flugabwehr zu sein. Allerdings sind die Drohnen der »Shahed«-Familie mit unter 200 Kilometern pro Stunde Höchstgeschwindigkeit sehr langsam und stellen ein leichtes Ziel dar. Doch haben die meisten effektiven und kostengünstigen Abwehrmittel wie etwa klassische Flugabwehrkanonen oder Jagddrohnen eine sehr geringe Reichweite von nur wenigen Kilometern. Die von der ukrainischen Luftwaffe kommunizierte Abschussquote kann daher in Frage gestellt werden. Zumal die russische Seite die »Shahed«-Plattform kontinuierlich weiterentwickelt, etwa durch ein integriertes »Starlink«-Satellitensystem oder einen optischen Suchkopf, mit dem auf Sicht geflogen werden kann.

Parallel dazu ist ein deutlicher Rückgang der russischen Raketenangriffe zu verzeichnen. Im Oktober wurden nur etwa 90 Raketen eingesetzt – ein erheblicher Rückgang im Vergleich zu früheren Monaten. Die ukrainische Seite vermutet, dass Russland möglicherweise Raketen für spätere Angriffe aufbewahrt. Und die anhaltenden Drohnenangriffe entfalten eine strategische Wirkung: Laut dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskij sind bereits 80 Prozent der ukrainischen Energieinfrastruktur zerstört. Energieexperten in der Ukraine gehen für den Winter davon aus, dass das Land täglich nur noch über vier Stunden Strom verfügen könnte.

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