Kriegsheld des Tages: Sergij Sternenko
Von Reinhard LauterbachDas waren noch Zeiten, als Sergij Sternenko als Anführer des »Rechten Sektors« in Odessa antifaschistische Demonstranten ins Gewerkschaftshaus prügeln und dieses dann anstecken lassen konnte. Oder »prorussische« Autoren wie Oles Busina auf offener Straße erschießen, ohne dass ihm etwas passierte. Alle Verfahren wurden von der Post-»Maidan«-Justiz der Ukraine niedergeschlagen.
Aber jetzt haben sich die Behörden den Promifaschisten vorgeknöpft. Wie die ukrainische Seite strana.news berichtete, hat das Wehrersatzamt von Odessa Sternenko zur Fahndung ausgeschrieben, weil er einer Vorladung zur Musterung nicht gefolgt sei. Sternenko hatte sich zuvor eine Untauglichkeitsbescheinigung wegen Sehschwäche besorgt; wie es um das Gebrechen bestellt ist, geht aus seinen Videoauftritten nicht eindeutig hervor: Mal tritt er dort mit Brille – die aber dem Anschein nach keine besonders dicken Gläser hat – auf, mal auch ohne. Gut, es gibt ja Kontaktlinsen.
Von der Kontaktlinie hingegen hält sich der Etappenheld seit Kriegsbeginn fern. Angeblich berät er das ukrainische Verteidigungsministerium. Er sei »im Hinterland nützlicher«, hat Sternenko begründet, warum er sein eigenes Überleben dem der Ukraine letztlich doch vorzieht. Hunderttausenden anderer ukrainischer Männer, die sich vielleicht auch an der Seite ihrer Familien nützlicher fühlen als im Schützengraben, hauen die Kiewer Behörden dieses Argument routinemäßig um die Ohren und ziehen sogar Leute mit Amputationen ein.
Zuletzt wurde Sternenko dann doch etwas kleinlauter. Er warf den Wehrerfassungsbehörden vor, den Musterungsbescheid an seine alte Adresse geschickt zu haben, wo er seit Jahren nicht mehr lebe. Ob er angesichts verschärfter Pflichten zur »Aktualisierung der persönlichen Daten« mit diesem Argument durchkommt, bleibt abzuwarten.
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