Vonovia als Baumeister und Spion
Von Jens WalterMieter machen Vermieter reich. Ein mieses Minusspiel für die, die für ihre Bleibe im Monatstakt blechen müssen. Oftmals ein Drittel und mehr ihres Einkommens für Miete ausgeben. Und günstiger wird es auch nicht: Die Bosse von Deutschlands größtem privaten Immobilienunternehmen Vonovia haben die Preise für die rund 480.000 Mietwohnungen in den ersten neun Monaten durchschnittlich um 3,8 Prozent hochgeschraubt, so Business Insider am Freitag. Zuvor hatten Tagesschau.de und das Handelsblatt über die Vorlage der Zahlen für das dritte Quartal des Dax-Konzerns berichtet. Ferner stößt die Zentrale um CEO Rolf Buch weiter wenig lukrative Wohnbestände ab: »Unser Verkaufsziel haben wir schon jetzt übererfüllt.«
Für das laufende Geschäftsjahr bestätigt Vonovia seine Prognose: Das bereinigte operative Ergebnis (Ebitda) werde am oberen Ende der Spanne zwischen 2,55 und 2,65 Milliarden Euro liegen, erwartet Buch. Und der bereinigte Vorsteuergewinn dürfte zwischen 1,7 und 1,8 Milliarden Euro betragen. Mehr noch, das Ebitda solle bis 2028 um 30 Prozent steigen. Deshalb werde Vonovia das Neubauprogramm wieder aufnehmen. Etwa in Berlin, Wien und Salzburg. Insgesamt sieht Buch in deutschen und österreichischen Metropolenregionen »ein Potential für 70.000 neue Wohnungen«. Auf freien Grundstücken, durch Nachverdichtung und Aufstockungen. Noch vor zwei Jahren hatte Vonovia Neubauprojekte auf Eis gelegt. Wegen hoher Bau- und Materialkosten und Preissprüngen bei Energieträgern. Nun heißt es aber, die Immobilienkrise sei überwunden. Buch: »Jetzt geben wir wieder Gas.«
Frohe Konzernbotschaften, auf die sogenannte Analysten großer Investmentbanken positiv reagiert und großteils ihre Kaufempfehlungen bestätigt haben, bemerkte das Onlineportal »Der Aktionär« am Donnerstag. Goldman Sachs hat das Kursziel leicht von 42,70 auf 43,70 Euro angehoben und zeigte sich optimistisch wegen der neuen Unternehmensstrategie, die Wachstumserwartungen bis 2028 verbessere.
Für Mieter wird dabei wohl nur eines herausspringen: ein weiterer Zuwachs an Wohnraumkosten. Und noch etwas kommt auf sie zu. »Spionagerauchmelder«, teilte der Landesverband Baden-Württemberg des Deutschen Mieterbunds (DMB) am Donnerstag mit. Betroffen seien Mieter in Ulm, Konstanz, Heidenheim und in der Region Stuttgart. Den Mietrechtlern zufolge warnen die Geräte nicht nur vor Rauchentwicklung, was ihre Aufgabe wäre. Sie sammeln auch Daten über das Raumklima, etwa zu Temperatur und Luftfeuchtigkeit, und senden diese regelmäßig an die Datenverarbeitungsanlagen des Konzerns. Ein Eingriff in die Privatsphäre, ein Blick gewissermaßen durchs Schlüsselloch.
Das besondere Schurkenstück dabei: Weil die »teuren Hightech-Melder« den Wohnwert verbessern würden, »werden die Kosten auf die Mieter umgelegt«, kritisierte Winfried Kropp, Mitglied des DMB-Landesvorstands. Einer solchen »Baumaßnahme« sollten Bewohner widersprechen.
Wieder einmal Abzocke? Vonovia weist die Vorwürfe am Donnerstag gegenüber dem SWR zurück. Die Rauchmelder würden inzwischen mit »deaktivierter Funkfunktion ausgeliefert, wenn vor der Montage keine Einwilligung vorliege«. Einigen Ulmer Vonovia-Mietern reichte das nicht – und sie verhinderten einem Sprecher zufolge den Einbau von »Spionagemeldern«. Manchmal machen Mieter Vermietern einen Strich durch die Rechnung.
Solidarität jetzt!
Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.
In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.
Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!
-
Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (10. November 2024 um 21:14 Uhr)Die Erfassung von Daten zum Raumklima ist sinnvoll und wäre für Mieter von Nutzen, wenn sie die Daten nutzen könnten: lokale Erfassung der Messwerte und Verwendung zur Heizungsregelung. Das ist ja die Crux, jede Menge Daten landen in »der Cloud«, jede Menge KI macht sich darüber her und für die potenzielle NutzerIn schaut nix ’raus dabei. Ich sag’ nur »smart home«, die Publikumsverarschung ist grenzenlos.
Regio:
Mehr aus: Inland
-
Unten, oben und vor der FDP
vom 11.11.2024 -
»Das könnte Menschenleben kosten«
vom 11.11.2024 -
Merz droht mit »Reform«
vom 11.11.2024 -
Alles ziemlich beschämend
vom 11.11.2024 -
Resteampel ohne Agrarplan
vom 11.11.2024 -
»Die Stadt gehört Menschen, nicht Investoren«
vom 11.11.2024