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Aus: Ausgabe vom 13.11.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Bayer-Zahlen

Kahlschlag bei Bayer

Bericht für drittes Quartal bestätigt negativen Jahrestrend. Chemiekonzern reagiert mit beschleunigter Arbeitsplatzvernichtung
Von Jan Pehrke
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Risiken und Nebenwirkungen: Der Niedergang des Bayer-Konzerns ist der Einnahme von Glyphosat geschuldet

Gleich zu Beginn ließ Konzernboss Bill Anderson aufhorchen: »Was Sie heute von uns hören werden, ist die Begeisterung für die Möglichkeiten, die vor uns liegen«, hob er in seiner Rede zum Geschäftsbericht für das dritte Quartal 2024 am Dienstag an. Ein Blick in das Zahlenwerk macht verständlich, warum der Vorstandsvorsitzende es eher mit der Zukunft hält als mit der Gegenwart. Wie schon im zweiten Quartal verzeichnet der Leverkusener Multi im dritten Quartal bei einem nur minimal gestiegenen Umsatz ebenfalls drastische Gewinneinbußen. Das bereinigte Ergebnis ging um 25,8 Prozent auf 1,25 Milliarden Euro zurück.

Im Agrarbereich führte der Global Player das unter anderem auf einen Rückgang der Anbauflächen in Lateinamerika infolge des Klimawandels bzw. von »Wetterkapriolen« zurück. Auch »schwache Marktpreisentwicklungen« sowie Preisdruck bei Nachahmerprodukten trugen dem Unternehmen zufolge dazu bei. Wegen der schlechten Aussichten musste es nach einer »Werthaltigkeitsprüfung« sogar den Vermögenswert der Sparte um 3,78 Milliarden Euro nach unten korrigieren.

Das Segment mit den rezeptpflichtigen Arzneien litt hauptsächlich unter negativen Währungseinflüssen und das mit den frei verkäuflichen Mitteln unter einem »verhalteneren Start in die Erkältungssaison in Nordamerika« sowie einem rückläufigen Konsumverhalten in China.

Als Konsequenz aus all dem reduzierte der Agroriese die Gewinnprognose von 10,7 bis 11,3 Milliarden auf 10,4 bis 10,7 Milliarden und kündigte das Übliche an: Arbeitsplatzvernichtung bzw. »beschleunigte Kosten- und Effizienzmaßnahmen«. Dabei hatte er bisher schon kräftig aufs Gaspedal gedrückt. Gegenüber dem Vorjahreszeitraum schrumpfte die Belegschaft um 6,6 Prozent von 100.873 auf 94.245 Beschäftigte.

Der kontinuierliche Niedergang des Konzerns ist den juristischen Risiken und Nebenwirkungen von Glyphosat geschuldet. Milliarden haben diese ihn schon gekostet, und ein Ende scheint nicht absehbar. Die Zahl der Klagen stieg noch einmal auf 63.000 an. Insgesamt belief sich der finanzielle Aufwand für den »Rechtskomplex« Glyphosat und andere laut Quartalsbericht im laufenden Jahr auf 189 Millionen Euro.

»Wie angekündigt, wollen wir das Thema in den nächsten zwei Jahren eindämmen«, versicherte Anderson den Aktionären. Dabei verwies er auf erste Erfolge dabei, in den Vereinigten Staaten mit immensem Lobbyaufwand ein Gesetz zu lancieren, das Glyphosat Immunität gewährt. Darüber hinaus beabsichtigt die Aktiengesellschaft, zum zweiten Mal den Versuch zu unternehmen, den Obersten Gerichtshof der USA – den Supreme Court – in der Sache anzurufen und ein Machtwort in ihrem Sinne sprechen zu lassen. Zu dem vom Manager-Magazin noch einmal konkreter beschriebenen Plan, aus der Monsanto Company eine Art Bad Bank zu machen und aus ihr alle Vermögenswerte wie etwa Patente abzuziehen, so dass nur eine – endliche – Summe an Rückstellungen für die Prozesse übrig bleibt, äußerte sich der Vorstand nicht. »Wir müssen die rechtlichen Voraussetzungen dafür schaffen, dass wir die Risiken abtrennen können« – mit diesen Worten hatte die Zeitschrift einen Bayer-Manager dazu zitiert. Das Firmenrecht in Texas bietet die Möglichkeit für eine solche Operation, die in Unternehmenskreisen als »Texas Two-Step« firmiert.

Die Frage, ob die Wahl Donald Trumps dem »Rechtskomplex« dienlich sein könne, bejahte Anderson. »Ich bin mir nicht sicher, ob das einen direkten Einfluss auf die laufenden Verfahren hat«, sagte er, aber die US-amerikanischen Wähler hätten ein deutliches Votum bezüglich der Wirtschaft im allgemeinen und der Inflation im besonderen abgegeben, was ihn optimistisch stimme. Glyphosat sorgt in seinen Augen nämlich für gute Ernten und arbeitet ergo der Inflation im Nahrungsmittelsektor entgegen, was auch immer mehr Politikern aufgehe. »Darum denken wir, dass das Umfeld dem Fortschritt förderlich ist. Und wir erwarten, diesen Fortschritt 2025 zu sehen«, resümierte er. Nicht umsonst hatte der Leverkusener Multi den Republikanern 121.000 US-Dollar für ihren Wahlkampf gespendet und den Demokraten nur 76.500 US-Dollar.

Jan Pehrke ist Journalist und Vorstandsmitglied der Coordination gegen Bayer-Gefahren (CBG)

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