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Aus: Ausgabe vom 13.11.2024, Seite 10 / Feuilleton

Ringelnatz, Raupach-Petersen, Schimpf

Von Jegor Jublimov
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»War einmal ein Schwefelholz, / Das sich mit erhab’nem Stolz / Einen Anarchisten nannte / Und ein ganzes Haus verbrannte« – Joachim Ringelnatz

In Vorbereitung auf die Olympischen Spiele 1936 in Berlin lobte Nazipropagandaminister Goebbels schon 1934 einen Lyrikwettbewerb aus, an dem sich auch ein Sprachkünstler namens Erwin Christian Stolze beteiligte. Die letzte Strophe seines Opus lautete: »Nicht der Zorn soll Muskeln schwellen, / Aber jugendheißes Spiel. / Tretet an, ihr Kampfgesellen! / Zieht mit Gott zum edlen Ziel.«

Der Autor hatte wegen wenig völkischer Vorträge schon seit 1933 Auftrittsverbot und verbarg sich für seine Parodie hinter einem Pseudonym, das erkannte, wer die Anfangsbuchstaben aller Zeilen hintereinander las: Joachim Ringelnatz. Zudem war das Pseudonym ein Anagramm von »Wer ein Nazistrolch ist«. Am 17. November 1934 starb Hans Gustav Bötticher, wie er bürgerlich hieß, in Berlin an Tuberkulose mit nur 51 Jahren. Der in Wurzen geborene Sohn eines Kinderbuchautors begann in jungen Jahren ein bewegtes Leben als Seemann, doch folgte er schließlich seinem Interesse für die komischen Künste. Er malte, und als fahrender Sänger konnte er Gedichte und Witze in Zeitschriften unterbringen, bevor er in der Münchner Künstlerkneipe Alter Simpl das wurde, was man heute einen Stand-up-Comedian nennt. 1914 war er wie so viele anfangs kriegsbegeistert, sympathisierte aber 1918 mit den Arbeiter- und Soldatenräten. Dennoch blieb er eher unpolitisch. Obwohl seine heiteren, oft deftigen, manchmal von der Dada-Bewegung beeinflussten Gedichte ihn auch als Vortragskünstler selbst bei Rundfunk und Wochenschau populär machten, versuchte er sich auch in anderen literarischen Gattungen, schuf zum Beispiel 1924 den ersten deutschen Montageroman. Ringelnatz war kein Kostverächter und stellte fest: »Die besten Vergrößerungsgläser für die Freuden der Welt sind die, aus denen man trinkt.«

Der Rundfunk in Hamburg war ab 1950 das zweite (eher dritte) Zuhause der Schauspielerin Erna Raupach-Petersen, deren 120. Geburtstag am 11. November war und die 1997 starb. Ihr Mann, ein Schauspieler, fiel im Zweiten Weltkrieg, und sie startete 1948 mit 44 Jahren am Ohnsorg-Theater eine Karriere, die sie erst mit 90 beendete. Die Fernsehübertragungen, die sie an der Seite solcher Publikumslieblinge wie Heidi Kabel und Henry Vahl zeigten – etwa in Stücken wie »Atschüß, Tante Emma« (1976) oder »Der Bürgermeisterstuhl« (1962 und 1995) – machten sie in der ganzen BRD beliebt.

Auch in TV-Serien wirkte sie mit, so 1967 in »Dreizehn Briefe«, wo auch Rolf Schimpf dabei war. Der war gerade über 40, spielte Theater und Episodenrollen im Fernsehen. Zwischen 1986 und 2007 wurde er als »Der Alte« im ZDF weithin bekannt – ein Ermittler, den er noch mit über 80 glaubwürdig spielte. Seit langem lebt der Berliner in München, wo er am Donnerstag seinen 100. Geburtstag begehen kann. Ganz glücklich ist er über sein hohes Alter aber nicht, denn wegen der steigenden Kosten musste er bereits in ein weniger exklusives Heim umziehen.

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