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Aus: Ausgabe vom 13.11.2024, Seite 15 / Antifaschismus
Attentat auf Hitler

Nur knapp gescheitert

Vor 85 Jahren unternahm der Schreiner Georg Elser ein Attentat auf Hitler und führende Nazis in München
Von Fabian Linder
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Gewaltige Sprengkraft: Der Bürgerbräukeller in München am 9. November 1939

Zwei Monate nach dem deutschen Überfall auf Polen scheiterte am 8. November 1939 im Münchner Bürgerbräukeller ein Attentat auf Adolf Hitler und die restliche Führungsriege des Naziregimes, geplant und ausgeführt vom Schreiner Georg Elser. Den Entschluss dazu hatte er bereits ein Jahr zuvor gefasst. Elser wurde noch am selben Abend, beim Versuch in die Schweiz zu fliehen, an der Grenze bei Konstanz verhaftet. Bis zu seiner Ermordung durch die SS am 9. April 1945 war Elser in den Konzentrationslagern Sachsenhausen und Dachau inhaftiert und isoliert.

1903 im württembergischen Hermaringen geboren, erlebte Elser die Schrecken des Ersten Weltkriegs in seiner Heimatstadt; ebenso die späteren Krisenjahre der jungen Weimarer Republik, als er als junger Wandergeselle durchs Land zog. Elser kehrte bis 1932 zu seinen Eltern zurück. Von Anfang an stand er der Naziideologie ablehnend gegenüber und hielt damit auch nicht hinter dem Zaun. Etwa wenn er den Raum verließ, als Hitler-Reden übertragen wurden, oder durch etwaige Bemerkungen.

Die zentralen Motive Elsers sind nach einigen biographischen Studien mittlerweile recht klar zu fassen: Einerseits sei es die dramatische Verschlechterung der sozialen Lage der Arbeiterschaft nach 1933, »mit Einschränkungen der persönlichen Freiheit und den Lebensbedingungen in der nationalsozialistischen Diktatur«. Andererseits die von Elser früh beobachtete Kriegsvorbereitung, die letztlich den Ausschlag zur Planung des Attentats gab. Das geht schließlich auch aus den Verhörprotokollen der Gestapo hervor, die spät entdeckt und erst in den 1970er Jahren durch Historiker veröffentlicht wurden.

Für jenen 8. November war, wie in den Jahren zuvor, eine Rede Hitlers im Münchner Bürgerbräukeller geplant. Anlass war traditionell der Jahrestag des 1923 fehlgeschlagenen Putsches der Nazis. Hitler hielt seine Rede, allerdings kürzer als üblich. Als Elsers Sprengsatz zündete, hatte »der Führer« den Raum verlassen und war auf dem Weg zurück nach Berlin. Sieben Nazis wurden durch die Explosion getötet, ebenso eine Bedienstete. Weitere Anwesende wurden, teils schwer, verletzt.

85 Jahre danach wirkt das Gedenken an den der KPD nahestehenden Elser immer noch unvollständig, auch wenn mittlerweile in mehr als 50 Orten der BRD Straßen, Plätze und Denkmäler an ihn erinnern. In München gibt es seit 1989 eine Bodenplatte in der Nähe des Kulturzentrums Gasteig sowie eine Infotafel. Die Bodenplatte befindet sich dort, wo einst der Pfeiler des Bürgerbräukellers stand, in dem Elser seinen Sprengsatz verbaute. An jener Stelle fand am vergangenen Freitag ein vom Bezirksausschuss Au-Haidhausen veranstaltetes Gedenken mit einer Lesung aus den Gestapo-Protokollen statt. Auch an anderen Gedenkorten für Elser, etwa der Erinnerungs- und Forschungsstätte in Königsbronn, werden er und seine Widerstandshandlung gewürdigt.

Jahrzehntelang gab es in der Bundesrepublik ein allgemeines Hadern mit der Würdigung von Elsers Tat. Vielfach distanzierte sich die Nachbarschaft in Königsbronn aus Angst vor Repression durch die Nazis von Elsers Familie. Die Ortschaft bekam den Spottnamen »Attentatshausen« und war von der Gestapo heimgesucht worden. Diese hoffte, Belege dafür zu finden, dass es sich bei Elser nicht um einen Alleintäter handelte. Die von den Nazis gestreute Behauptung, der damals 39jährige habe in britischem Auftrag gehandelt, aber auch die Ansicht von Nazigegnern wie Martin Niemöller, Elser habe im Auftrag der SS agiert, um Hitlers Überleben als »Vorsehung« darstellen zu können, verwischten den tatsächlichen Ansatz Elsers und machten das Gedenken lange Zeit schwierig. Und dann gab es die, für die Elser als »einfacher Arbeiter«und wegen seiner offensichtlichen – im Detail heute nicht mehr rekonstruierbaren – politischen Nähe zur KPD grundsätzlich suspekt und kein Fall für eine würdigende Erinnerungspolitik war. Das begann sich erst ab den 1990er Jahren langsam zu ändern.

Obwohl es bereits in den 1950er Jahren juristische und wissenschaftliche Einordnungen gab, die seine Alleintäterschaft verifizierten, dauerte es bis weit in die 1970er und 80er Jahre, bis diese nicht mehr ignoriert wurden, nachdem der Historiker Lothar Gruchmann die Vernehmungsprotokolle Elsers publiziert hatte. Einem jüngeren Publikum rief schließlich die 2015 veröffentlichte Verfilmung den Mann und sein Vorhaben in Erinnerung.

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