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Aus: Ausgabe vom 19.11.2024, Seite 11 / Feuilleton
Ballett

Toter Tänzer: Ballerino Wladimir Schkljarow starb mit 39 Jahren

Von Gisela Sonnenburg
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Das Publikum lag ihm zu Füßen: Wladimir Schkljarow (9.2.1985–16.11.2024)

Die Nachricht kam aus Russland, in den Morgenstunden nach seinem Tod am 16. November: Wladimir Schkljarow, weltweit beliebter Ballerino, starb mit nur 39 Jahren in Sankt Petersburg. Er soll mit einer brennenden Zigarette in der Hand vom Balkon in den Tod gestürzt sein. Es ist nicht bekannt, ob der schöne Mann – wie sein Freund und früherer Kollege Sergej Polunin ­– zeitweise ein Problem mit Suchtstoffen gehabt hat. Aber an einen Unfall mag man angesichts der Umstände auch nicht so richtig glauben. War es Suizid, gar Mord? Die internationale Ballettgemeinde trauert und wünscht der Witwe Marija Schirinkina – auch sie ist Tänzerin – viel Kraft.

Das Ehepaar lebte getrennt. Schkljarow hatte eine schwere Zeit, starke Schmerzen und eine wichtige Operation an der Wirbelsäule vor sich. Vielleicht hatte er Angst, glaubte, nie wieder tanzen zu können. Vielleicht kam er mit den Medikamenten nicht klar. Vielleicht war er heimlich depressiv. Vielleicht aber war alles ein tragischer Zufall. Sicher ist: Die Ballettwelt hat einen ihrer hellsten Sterne verloren. Über fünf Stockwerke ist er gestürzt.

Ein kleiner Trost: West und Ost rücken ob des Vorfalls in Ballettdingen ein Stück zusammen. Schkljarow war ein Weltstar, tanzte auf Galas und eine Saison lang als Erster Solist beim Bayerischen Staatsballett in München. In »Spartacus«, »Romeo und Julia«, »Jewels« und »Le Corsaire« begeisterte er nicht nur die Münchner. Mit der Berliner Ballerina Polina Semionowa reüssierte er vor allem in Russland, so mit »Giselle« in seiner Heimatstadt am Mariinski-Theater.

An der Waganowa-Ballettakademie ausgebildet, vereinte Wladimir Schkljarow eine starke Sprungtechnik, die ihn scheinbar fliegen ließ, mit hingebungsvoll-emotionalem Ausdruck. Er war ein sehnsuchtsvoller Held und stürmischer Liebender. Mal als melancholischer Romantiker, dann wieder als männlich-wilder Kämpfer. Seine zarte, empfindsame Seite und sein spitzbübisches Lächeln blitzten wie weitere Facetten in seinem Tanzspiel auf, verliehen ihm etwas Schelmisches.

Musikalisch ohnehin souverän, konnte er solistisch so stark brillieren wie nur wenige. Das Publikum lag ihm zu Füßen. Aber im Pas de deux konnte Schkljarow sich auch vornehm zurücknehmen: damit seine Partnerin um so mehr erstrahlte. Ein echter Gentleman hat uns verlassen.

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