Präsident von US-Gnaden
Von Volker HermsdorfDie abgewählte US-Regierung schafft kurz vor Ende der Regierungszeit von Joe Biden weiter Fakten. Zwei Tage nach der Kiew erteilten Genehmigung, Russland mit US-Raketen großer Reichweite anzugreifen, bezeichnete US-Außenminister Antony Blinken den Oppositionspolitiker Edmundo González am Dienstag als »gewählten Präsidenten« Venezuelas. Bisher hatte die Biden-Regierung den bei den Wahlen am 28. Juli als Strohmann für die ultrarechte eigentliche Oppositionsführerin María Corina Machado angetretenen González als »Kandidaten, der die meisten Stimmen erhalten hat«, bezeichnet.
Beweise für einen angeblichen Wahlbetrug und den Sieg der Rechten legten weder Washington noch die Opposition vor. Allerdings bleibt die am 2. August vom Nationalen Wahlrat (CNE) bestätigte Wiederwahl von Präsident Nicolás Maduro umstritten. Laut CNE hatte der Staatschef 51,95 Prozent der Stimmen erhalten, während auf seinen Kontrahenten 43,18 Prozent entfielen. Die kompletten Unterlagen hat die Behörde mit Verweis auf eine Cyberattacke gegen das automatisierte Wahlsystem jedoch nicht veröffentlicht. Die Wahlkammer des Obersten Gerichtshofs (TSJ) bestätigte das Ergebnis dennoch am 22. August.
González war kurz nach der Wahl zunächst untergetaucht und hatte sich Anfang September – mit Zustimmung der Regierung in Caracas – nach Spanien abgesetzt, wo ihm Asyl gewährt wurde. Jetzt dankte er Blinken und den USA für die Anerkennung seiner Person als »gewählter Präsident« und sagte, dass diese Entscheidung »den Wunsch nach Veränderung in Venezuela honoriere«. Der venezolanische Außenminister Yván Gil bezeichnete Blinken nach dessen Äußerungen im Messengerdienst Telegram dagegen als einen »bekennenden Feind« seines Landes. »Er besteht darauf, es wieder zu tun, jetzt mit einem Guaidó 2.0, der von Faschisten und Terroristen unterstützt wird, die sich der heruntergekommenen US-Politik unterordnen«, schrieb Gil. Der Diplomat riet seinem Amtskollegen, er solle sich in den letzten Tagen der Biden-Regierung lieber der »Reflexion über sein Versagen widmen, seine imperialen und kolonialen Komplexe ablegen und seine Memoiren darüber schreiben, wie die Bolivarische Revolution ihn in den Staub der Niederlage beißen ließ«.
Maduros nächste Amtszeit beginnt am 10. Januar – zehn Tage vor der des künftigen US-Präsidenten. Zur Überraschung vieler hatte er Trump zu dessen Wahl gratuliert. Am 6. November erklärte Maduro im staatlichen Sender VTV, dass der Sieg des Republikaners einen »Neuanfang für beide Länder« ermögliche und seine Regierung offen für »gemeinsame Arbeitsbeziehungen« sei. Auch diese Äußerungen sorgten weltweit für Erstaunen, da Trump in seiner ersten Amtszeit (2017–2021) einen harten Kurs gegenüber Maduro verfolgt hatte. Er bezeichnete ihn als »Diktator«, förderte den Oppositionspolitiker Juan Guaidó, der sich mit Unterstützung Washingtons selbst zum Präsidenten Venezuelas ernannt hatte, und verhängte zahlreiche Sanktionen, darunter Beschränkungen für die Ölindustrie, die wichtigste Devisenquelle des Landes. »Unter Trumps erster Administration haben wir nicht gut abgeschnitten«, erinnerte Maduro in der VTV-Sendung. »Doch dies ist ein neuer Anfang für uns«, fügte er hinzu und bot Trump eine »Win-Win-Situation« bei einer Zusammenarbeit an.
Venezuelas Rechte sähe dem »mit Angst« entgegen, räumte der US-Auslandssender Voice of America vor einer Woche ein. Da Trumps Venezuela-Politik in der ersten Amtszeit gescheitert sei und Maduro gestärkt habe, könne er nicht daran interessiert sein, noch einmal zu versuchen, was bisher nicht funktioniert habe, vermutete auch Michael Shifter vom US-Thinktank »Inter-American Dialogue« in einem Beitrag der BBC. Er schließe nicht aus, dass Trump eine Kehrtwende vollziehe, seine Haltung zu Venezuela ändere und Maduro entgegenkomme, um vielleicht eine Einigung in der Migrationsfrage zu erzielen, die ihm sehr am Herzen liege. Shifter erinnerte an Trumps Treffen mit dem nordkoreanischen Staatschef Kim Jong-Un und mutmaßte, »dass er etwas Ähnliches mit Nicolás Maduro versuchen könnte«.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (20. November 2024 um 20:31 Uhr)Herr Blinken, bitte ernennen Sie noch schnell vor dem Jahresende den deutschen Kanzler 2025! Bei den widersprüchlichen Meldungen hierzulande, wer es wird, wird mir schwindelig.
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