Schulessen zu teuer
Von Nico PoppDie Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und BSW in Brandenburg stehen vor dem Abschluss. Es sehe »ganz gut aus, dass wir diese Woche fertig werden können«, sagte der BSW-Landesvorsitzende Robert Crumbach am Montag dem RBB. In dem im September neu gewählten Brandenburger Landtag ist das BSW der einzige mögliche Koalitionspartner für die seit 1990 regierende SPD, um ohne die AfD, mit der keine der anderen im Landtag vertretenen Parteien zusammenarbeiten will, eine Regierung mit parlamentarischer Mehrheit zu bilden. Daraus ergibt sich für die junge Partei theoretisch eine sehr starke Verhandlungsposition.
Anders als in Thüringen, wo die BSW-Bundesspitze nach dem Ende der Sondierungen interveniert und die eigenen Verhandler ermahnt hatte, liefen die Gespräche in Brandenburg dem äußeren Anschein nach von Anfang an reibungslos. Die vom BSW eingeforderte friedenspolitische Positionierung gestand die SPD zügig zu. Man wolle sich dafür einsetzen, »eine diplomatische Lösung des Ukraine-Konflikts und den Abbau der damit verbundenen Spannungen innerhalb Europas durch Verhandlungen mit den Konfliktparteien mit dem Ziel von Waffenstillstand und dauerhaftem Frieden voranzutreiben«, hieß es im Sondierungspapier. Der Ukraine-Krieg werde »nicht durch weitere Waffenlieferungen beendet werden können«. In dem Papier stand auch, dass die beiden Parteien die Stationierung von »Mittelstrecken- und Hyperschallraketen auf deutschem Boden kritisch« sehen.
In den Koalitionsverhandlungen, die am 4. November begonnen haben, hat die SPD allerdings härter verhandelt und sich in wichtigen Fragen durchgesetzt – das jedenfalls legen Medienberichte nahe, die am Montag von den beteiligten Parteien nicht dementiert worden sind. Demnach wird die neue Landesregierung sich nicht gegen die gegen Russland gerichteten Wirtschaftssanktionen positionieren. Das berichteten am Sonntag abend sowohl Bild als auch die Nachrichtenagentur dpa übereinstimmend. Die Sanktionspolitik ist in Brandenburg auch landespolitisch ein besonders wichtiges Thema, weil etwa die Raffinerie in Schwedt auf Betreiben der Bundesregierung kein russisches Öl mehr bezieht. Laut den Berichten vom Sonntag ist man sich in den Verhandlungen darüber einig gewesen, dass die Sanktionen zu hohen Energiepreisen geführt haben. Die neue Landesregierung will indes lediglich die Folgen der Sanktionspolitik mildern, etwa mit Finanzhilfen für besonders betroffene Unternehmen.
Ebenfalls durchgesetzt hat sich die SPD demnach in einigen anderen wichtigen Fragen. So soll die BSW-Forderung vom Tisch sein, keine Ansiedlung von Rüstungsfirmen im Land anzustreben. Gegen den geplanten weiteren militärischen Ausbau des Luftwaffenstützpunkts Holzdorf, auf dem auch das von Israel angekaufte Luftabwehrsystem »Arrow 3« stationiert werden soll, spricht sich die neue Koalition offenbar ebenfalls nicht aus. Eine Anfrage zum Thema Holzdorf, die die BSW-Fraktion im Landtag auf den Weg gebracht hatte, wurde inzwischen mit Verweis auf eine entsprechende Anfrage der Bundestagsgruppe des BSW zurückgezogen.
Beim sogenannten Verfassungstreuecheck, den insbesondere Betroffene der Berufsverbote in der alten Bundesrepublik scharf kritisiert haben (und den das BSW eigentlich abschaffen wollte), scheint eine Entscheidung zurückgestellt worden zu sein: Laut dpa und Bild soll das Überprüfungsverfahren für Beamte »zeitnah« geprüft werden, aber zunächst einmal weiter laufen. Auch im Bereich der Sozialpolitik hat die SPD nicht alles zugestanden. Als zu teuer abgeschmettert wurde dem Vernehmen nach etwa die BSW-Forderung nach einem kostenlosen Schulmittagessen für alle.
Aktuell verhandeln die beiden Parteien offenbar nur noch über die Verteilung der Ministerien. Zuletzt hieß es, das BSW beanspruche drei Ressorts, darunter das Innen- oder das Finanzministerium. Crumbach sagte am Montag, das BSW wolle »eines der wichtigen, der mächtigen Ministerien« übernehmen.
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