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Aus: Ausgabe vom 03.12.2024, Seite 3 / Schwerpunkt
Eucoco 2024

»Die Stimme der Sahrauis muss gehört werden«

Westsahara: Wer sich in den von Marokko besetzten Gebieten journalistisch betätigt, muss mit Repressionen rechnen. Ein Gespräch mit Mohammed Mayara
Von Jörg Tiedjen, Lissabon
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Die Gewässer der Westsahara sind reich an Sardinen. Doch ohne das Einverständnis der Sahrauis ist die Fischerei dort illegal

Sie sind der Koordinator des Journalistenkollektivs Équipe Média in den von Marokko besetzten Gebieten der Westsahara. Vor kurzem wurden Sie auf der Straße angegriffen. Was genau ist passiert?

Am 19. November habe ich meine kleine Tochter zur Schule gebracht. Wenig später fielen vier Leute über mich her und haben mich geschlagen. Sie trugen Zivil und traten auf als marokkanische Nationalisten. Aber ich gehe davon aus, dass es Agenten des Geheimdiensts waren. Das schließe ich vor allem aus Nachrichten, die ich in sozialen Netzwerken erhalten hatte. Es war auch nicht das erste Mal, dass mir so etwas passierte. Das erste Mal ist schon lange her, damals wurde mir zudem meine Arbeit genommen. Man will, dass ich nun auch als Journalist aufhöre, andernfalls lässt man mich von Zeit zu Zeit die Konsequenzen spüren. Es gibt aber auch Kollegen, die jetzt hinter Gittern sitzen und zu hohen Strafen verurteilt wurden wie Bachir Khadda, der 2010 nach der Niederschlagung des Protestcamps von Gdeim Izik verhaftet und zu 20 Jahren verurteilt wurde. Ein anderer, Abdallahi Lakhfawni, hat sogar lebenslänglich erhalten.

Sie sagten, dass der Überfall vorher angekündigt wurde?

Ich glaube, dass es an meinen Aktivitäten in Australien lag. Im Juni habe ich an einer Gewerkschaftskonferenz in Adelaide teilgenommen, um über die Menschenrechtsverletzungen in der besetzten Westsahara zu sprechen. Die Gewerkschaften haben einen Appell an die Regierung verfasst, die Sahrauis durch Anerkennung der 1976 ins Leben gerufenen Demokratischen Arabischen Republik Sahara zu unterstützen. Zudem schafft es Équipe Média immer wieder, sensible Informationen zu veröffentlichen. Da internationalen Journalisten und Beobachtern der Zugang zu den besetzten Gebieten verwehrt wird, liegt es an uns, die Stimme der Sahrauis zu sein. Sie muss aber in der ganzen Welt gehört werden.

Sie arbeiten speziell zu den Ressourcen der Westsahara ...

Die Westsahara ist reich an Naturschätzen. Bekannt ist sie vor allem für ihre Phosphatminen und Fischvorkommen, aber es gibt auch Gold oder unbekanntere Ressourcen wie Rotalgen, die von Marokko ausgebeutet werden, während den Sahrauis der Zugang zu den Reichtümern ihres Landes verwehrt wird. Ich schaffe es zum Beispiel nicht einmal, ein Gehalt zu bekommen, von dem ich mit meiner Familie leben kann.

Es ist aber nicht nur Marokko, das sich in der Westsahara illegal bereichert?

Daran sind auch internationale Konzerne beteiligt. Wir hatten zum Beispiel begonnen, gemeinsam mit Western Sahara Resource Watch Informationen über ein polnisches Unternehmen namens Geofizyka zu veröffentlichen, das in der Westsahara nach Öl suchte. Darauf hat diese Firma die Westsahara verlassen. Seitdem stehen wir unter permanenter Überwachung. Im März war ich in Deutschland, weil es auch dort Unternehmen gibt, die sich an der illegalen Ausbeutung beteiligen. Zum Beispiel Heidelberg Materials und Siemens. Dabei sind die Sahrauis nicht prinzipiell gegen Investitionen aus dem Ausland. Aber die Firmen müssen das Einverständnis der Sahrauis haben, die von der Polisario-Front repräsentiert werden. Das hat auch der Europäische Gerichtshof bestätigt. Aber ich glaube, dass Marokko versucht, das Urteil des EuGH mit Hilfe der europäischen Unternehmen zu umgehen. Doch das Recht auf Selbstbestimmung ist unveräußerlich. Das heißt, dass eine Lösung durch ein Referendum über den künftigen Status der Westsahara gefunden werden muss, durch eine freie und demokratische Wahl unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen.

Mohammed Mayara ist Koordinator des Journalistenkollektivs Équipe Média in der von Marokko besetzten Westsahara.

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