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Aus: Ausgabe vom 03.12.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Internationale Wirtschaftspolitik

Megahafen im Fadenkreuz

Peru: US-Administration will Warenumschlag in Chancay mit Strafzöllen belegen – und Chinas Einfluss in Lateinamerika blockieren
Von Thomas Walter
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Große Drehscheibe, großer Umschlagplatz für Containerinhalte aller Art (Chancay, Peru, 14.11.2024)

Einzelne Erklärungen können Unruhe stiften. Wie jene jüngst von Mauricio Claver-Carone, langjähriger Berater von Donald Trump. Einmal im Amt, wolle man auf sämtliche Waren, die über den neuen Megahafen von Chancay in Peru in die USA gelangen, einen Einfuhrzoll von 60 Prozent erheben. Auch Güter, die aus anderen lateinamerikanischen Ländern wie Brasilien stammen, aber in Chancay verschifft werde, sollen behandelt werden, als seien sie von chinesischer Provenienz – also: Strafzoll obendrauf.

Der Hafen, den der chinesische Staatsbetrieb Cosco für 1,3 Milliarden US-Dollar unweit von Lima an der peruanischen Küste gebaut hat, wurde vor rund drei Wochen vom chinesischen Präsidenten Xi Jinping eingeweiht. Die Anlage ist ein wichtiger Baustein der »Belt and Road Initiative« (BRI) und soll den Warenverkehr zwischen China und Lateinamerika, der bisher hauptsächlich über die USA und teilweise über Mexiko abgewickelt wird, vereinfachen. Dass Chancay aber für 30 Jahre exklusiv von Cosco betrieben werden soll, gefällt nicht allen im Andenland. Man sorgt sich zuweilen um nationale Souveränität und Umweltbelange.

Vor allem aber ist der Überseehafen der US-Administration ein Dorn im Auge, nicht nur ökonomisch. Die scheidende Chefin des Kommando Süd der US-Streitkräfte, General Laura Richardson, warnte kürzlich davor, dass, wenn in Chancay ultragroße Containerschiffe anlegen können, die Installationen auch für chinesische Kriegsschiffe geeignet seien. Für die USA, die auf dem ganzen Kontinent selbst Militärbasen unterhalten, offenbar inakzeptabel.

Dass aber Güter anderer Länder gleichbehandelt werden sollen wie solche, die direkt aus Shanghai kommen, nur weil sie in Chancay verladen werden, ist ein Novum, betonte Manuel Sutherland am Sonntag gegenüber jW. Der Einfuhrzoll von 60 Prozent, von dem der Berater Trumps spreche, stelle eine heftige Bedrohung für die lateinamerikanischen Länder dar, »die eine engere Verbindung mit China auf dem Seeweg anstreben«, so der Ökonom vom Zentrum für Forschung und Arbeiterbildung (CIFO) in Caracas. Im Kern sei dies eine Warnung, das nicht zu tun – und nicht zuletzt eine Politik eines extremen Protektionismus, die selbst alle juristischen Normen der Welthandelsorganisation (WTO) verletze.

Andererseits bestätigt Sutherland, dass es durchaus vorkommt, dass chinesische Güter in Mexiko, wo China mehrere Hafenkonzessionen betreibt, nach dem Entladen als mexikanisch umdeklariert werden, bevor sie weiter in die USA transportiert werden, um die hohen Zölle gegen China zu umgehen. Mexiko ist als Mitgliedstaat der NAFTA weitgehend von Einfuhrabgaben befreit.

Aber pauschal zu behaupten, dass Güter, die von einem lateinamerikanischen Hafen aus in die USA verschifft werden, chinesischen Ursprungs seien, nur weil dieser Hafen von China verwaltet wird, ist seiner Meinung nach sehr fragwürdig. Es brauche in jedem Fall eine Prüfung von Fall zu Fall, um festzustellen, ob die Ware tatsächlich aus der Volksrepublik stammt oder nicht.

Mit dem angedrohten Zoll von 60 Prozent verfolgt die US-Administration Sutherlands Meinung nach noch ein weiteres Ziel. China soll von seiner immer stärkeren Bindung an die lateinamerikanischen Staaten, insbesondere Brasilien, abgehalten werden. Mehr noch, die Möglichkeit, dass diese aufstrebenden Ökonomien ihre Produkte in die USA verkaufen, soll untergraben werden. Fraglich bleibt indes, ob diese Zollpolitik umsetzbar ist. Vielmehr dürfte die Androhung gigantischer Strafzölle dazu dienen, bei etwaigen Verhandlungen die »Latte sehr hoch zu hängen«, um unter dem Strich vielleicht bei bis 15 Prozent zu landen, erwartet Sutherland.

Also, alles vor allem heiße Luft? Auf alle Fälle ein Beispiel der »regelbasierten Ordnung«, die wesentlich darin besteht, wirtschaftspolitische Regeln nur dann zu befolgen, wenn sie dem eigenen Vorteil dienen. Das Handelsrecht soll nur angewandt werden, wenn es im Interesse der USA ist. Der ansonsten hochgelobte »freie« Handel wird ausgebremst, wenn ein Konkurrent zu stark zu werden droht.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (2. Dezember 2024 um 22:14 Uhr)
    Definition »Regelbasierte Ordnung«: Es werden nur Regeln erlassen, die dem eigenen Vorteil dienen.

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