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Aus: Ausgabe vom 04.12.2024, Seite 4 / Inland
Staat und RAF

Karlsruhe verhängt Kontaktverbot

Ex-RAF-Mitglied erhält Bußgeldbescheid nach Zeugenvorladung im Fall Daniela Klette
Von Ariane Müller
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Solidaritätsdemonstration für Daniela Klette und die Gesuchten Garweg und Staub (Berlin, 9.3.2024)

Seit 2023 und verstärkt seit dem Sommer 2024 verschicken die Staatsanwaltschaft Verden und die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe Zeugenvorladungen in den Verfahren gegen die mutmaßlichen ehemaligen Mitglieder der Rote Armee Fraktion (RAF) Daniela Klette, Burkhard Garweg und Volker Staub. Nach der Verhaftung von Klette Ende Februar in Berlin wurden die Vorladungen für einige Monate ausgesetzt. Von diesen bis jetzt über 20 der jungen Welt bekannten Zeugenvorladungen sind bisher 12 ehemalige RAF-Mitglieder betroffen, die alle zwischen zehn und 26 Jahren in Haft waren und heute über 70 Jahre alt sind, außerdem ehemalige oder aktuelle Bewohner der Hamburger Hafenstraße sowie vier Menschen, die Klette in der JVA Vechta besucht oder einen Antrag auf Besuch gestellt haben. Gegen Daniela Klette laufen zwei verschiedene Ermittlungsverfahren. Das Erste von der Staatsanwaltschaft Verden und das Zweite von der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe. Deshalb müssen bei den beiden Behörden Besuchsanträge gestellt werden.

Nachdem der ehemalige RAF-Gefangene Günter Sonnenberg Ende Juli einen Besuchsantrag gestellt hatte und dieser Antrag von der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe abgelehnt wurde – kurios dabei ist, dass das Amtsgericht Verden den Besuchsantrag genehmigt hatte –, erhielt er am 7. November eine Vorladung durch BKA-Beamte in Frankfurt am Main. Er sollte unter anderem zu seiner aktuellen Haltung zur 1998 aufgelösten RAF befragt werden und warum er Daniela Klette im Gefängnis besuchen möchte. Sonnenberg verweigerte die Aussage. Sein Rechtsanwalt Scherzberg aus Frankfurt am Main verwies auf das Auskunftsverweigerungsrecht nach Paragraph 55 StPO. Prompt folgte ein Bescheid der Generalbundesanwaltschaft über ein Ordnungsgeld in Höhe von 500 Euro. Nach jW-Informationen ist es das erste angeordnete Bußgeld im Zusammenhang mit diesen Zeugenvorladungen. Sonnenbergs Rechtsanwalt Scherzberg wird eine Beschwerde gegen diese Festsetzung des Bußgeldes einlegen.

Die Vorladungen sollen offenbar davor abschrecken, Besuche bei Klette zu beantragen, um ihre Isolation zu verfestigen. Dies wird deutlich, nachdem gegen zwei Besucherinnen – sie hatten im Laufe des Sommers mehrmals Klette in Haft besuchen können – im Herbst Besuchsverbote verhängt wurden. Als Begründung wird ihnen unter anderem vorgeworfen, sie fungierten als Vermittler zwischen der Inhaftierten und den beiden Gesuchten Garweg und Staub, um Klettes Flucht aus der JVA Vechta planen zu können. Einer vom Besuchsverbot betroffenen Frau wird zusätzlich vorgeworfen, sie kenne privat ehemalige Gefangene aus der RAF. Ihre Beschwerde gegen das Besuchsverbot wurde vom Bundesgerichtshof (BGH) inzwischen zurückgewiesen. Beide Besucherinnen erhielten mit den Besuchsverboten ebenfalls Zeugenvorladungen und verweigerten bei ihren Vernehmungen Ende Oktober in Berlin bzw. Ende November in Hamburg die Aussagen.

Der Kontakt zu ehemaligen RAF-Mitgliedern wird auch als Begründung für das Besuchsverbot von Sonnenberg angeführt. Ihm wird vorgeworfen, dass einige ehemalige RAF-Gefangene auf seiner Geburtstagsfeier im Sommer waren. Auch bei einem weiteren ehemaligen Gefangenen aus der RAF wurde der Besuchsantrag nicht genehmigt. Hier wurden die Beschwerden gegen die Besuchsverbote ebenfalls abgelehnt.

Einigen der ehemaligen RAF-Mitglieder wurde bei den Vernehmungen gesagt, sie sollten Garweg und Staub auffordern, sich so bald wie möglich zu stellen: »Wir wollen doch kein zweites Bad Kleinen.« Auf dem Bahnhof des mecklenburgischen Bad Kleinen wurde 1993 Wolfgang Grams von GSG9-Beamten niedergeschossen. Nach offizieller Darstellung soll er sich, schwer verwundet im Gleisbett liegend bzw. während des Sturzes, selbst getötet haben.

Solidarität jetzt!

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