Bund braucht Nachschub
Von Philip TassevZur Kriegstüchtigkeit gehört ausreichend motiviertes Menschenmaterial. Diesem Zweck ist ein Gesetzentwurf der Bundesregierung gewidmet, den Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) am Donnerstag im Bundestag bewarb. Der Entwurf sieht eine Neuregelung der Besoldung insbesondere von Soldaten, die in Auslandseinsätze entsendet werden, vor. Im Zentrum steht dabei die »Brigade Litauen«, die als Panzerbrigade 45 ab nächstem Jahr an der NATO-»Ostflanke« stationiert werden soll. Die Einsatzbereitschaft dieser Einheit aus rund 5.000 Soldaten bildet laut Regierung »den Maßstab für einen wirksamen Beitrag zur Abschreckungs- und Verteidigungsfähigkeit Deutschlands und der NATO«, was unter anderem »eine erhöhte Verfügbarkeit des militärischen Personals« voraussetzt. »Damit werden Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität des militärischen Dienstes mit dem Ziel der Gewinnung von mehr Personal und dem Halten von qualifiziertem Personal erforderlich.«
Solche »Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität« beinhalten die Zahlung einer Verpflichtungsprämie für Zeitsoldaten, die Ausweitung der Gewährung von Trennungsgeld und die Vergütung von Mehrarbeit oder von »besonderer zeitlicher Belastung«. Um die »Kaltstart- und Reaktionsfähigkeit« der Truppe zu verbessern, sollen auch die Arbeitszeitregelungen an die »Zeitenwende« angepasst werden. Das Ministerium rechnet mit Mehrausgaben von über 40 Millionen Euro für das Jahr 2025, rund 87,5 Millionen Euro für das Jahr 2026, rund 145 Millionen Euro für das Jahr 2027 und rund 170 Millionen Euro für das Jahr 2028. Ohne diese Änderungen »gefährden wir den Aufwuchs der Brigade in Litauen«, sagte Pistorius. Eine Ablehnung des Gesetzentwurfs würde auch »zentrale Elemente unserer eigenen Sicherheit« und den Ruf der BRD als verlässlicher NATO-Bündnispartner aufs Spiel setzen.
Damit militärische Spezialkenntnisse und Geheimwissen der mit großem finanziellen Aufwand angeworbenen und ausgebildeten Soldaten nach dem Ende der Dienstzeit nicht vom »Feind« genutzt werden können, ist mit einem weiteren Gesetzentwurf die Einführung eines neuen Straftatbestands geplant. Wer als Soldat oder früherer Soldat ohne Genehmigung eine Tätigkeit für »eine fremde Macht« oder einen ihrer Mittelsmänner ausübt, soll künftig mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder mit einer Geldstrafe bestraft werden können.
Soweit zur personellen Seite der »Zeitenwende«. Aber auch die ökonomische Ebene der Kriegsertüchtigung findet bei der Bundesregierung Berücksichtigung. Am Mittwoch hatten Verteidigungs- und Wirtschaftsministerium die neue »Nationale Verteidigungs- und Sicherheitsindustriestrategie« veröffentlicht. Für »die Landes- und Bündnisverteidigung, wie auch die fortgesetzte militärische Unterstützung der Ukraine, muss Deutschland angesichts der aktuellen Bedrohungslage schnellstmöglich wehrhaft werden«, heißt in dem Papier.
Nötig dafür sei eine »leistungsfähige« Rüstungsindustrie mit einer »kontinuierlich laufenden Produktion von Rüstungsgütern«. Beklagt wird dabei eine strikte Trennung zwischen ziviler und militärischer Forschung, die »Spill-over-Effekte« verhindern würde. Neben dem Bekenntnis zum Ziel, einen europäischen Rüstungsmarkt zu schaffen und die Rüstungskooperation zwischen »Partnernationen« zu fördern, identifizieren die Autoren des Papiers eine Reihe von Schlüsseltechnologien, deren Entwicklung die Bundesregierung besonders vorantreiben will.
Dazu zählen wenig überraschend die sogenannte künstliche Intelligenz und unbemannte Systeme, Munition, IT- und Kommunikationstechnologie, Marineschiffbau, Panzerfahrzeuge und Technologien zur elektronischen Kriegführung, aber auch Quanten- und Raumfahrttechnologien. Private Firmen oder staatliche Einrichtungen, die in der Lage sind, »diese Technologien in dem zum Erhalt wehrtechnischer Kernfähigkeiten erforderlichen Umfang bereitzustellen«, sollen mit verschiedenen Maßnahmen »im Frieden erhalten und gefördert werden«, so dass »in Krise und Krieg auf sie zugegriffen werden kann«.
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