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Aus: Ausgabe vom 11.12.2024, Seite 1 / Inland
Bundestagswahl

Wahlausschuss wählt aus

Vorstand angeblich nicht »handlungsfähig«: MLPD droht Ausschluss von der Bundestagswahl
Von Nico Popp
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Das Imperium schlägt zurück: An der EU-Parlamentswahl im Juni nahm die MLPD noch teil (München, 14.5.2024)

Geht es nach dem Willen von Bundeswahlleiterin Ruth Brand, dann kann die Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD) nicht an der vorgezogenen Bundestagswahl im Februar 2025 teilnehmen. Eine von der MLPD beantragte Sondersitzung des Bundeswahlausschusses endete am Dienstag mit der förmlichen Feststellung, dass die Vorstandsmitglieder der MLPD bei der Einreichung der Beteiligungsanzeige zur Bundestagswahl die Partei »nicht wirksam vertreten konnten«.

Sieben Mitglieder des Bundeswahlausschusses stimmten dieser Einschätzung zu, drei dagegen. Damit kann der Bundeswahlausschuss in seiner regulären Sitzung mit Zweidrittelmehrheit feststellen, dass der MLPD die Parteieigenschaft fehlt und sie deshalb nicht an der Wahl teilnehmen kann. Der Vorgang erinnert an den Versuch des damaligen Bundeswahlleiters Georg Thiel, der DKP im Vorfeld der Bundestagswahl 2021 die Parteieigenschaft abzusprechen.

Die MLPD hatte die Absicht, an der nächsten Bundestagswahl teilzunehmen, im September bei der Bundeswahlleiterin angezeigt. Im Rahmen der »Vorprüfung« teilte Brand der Partei mit, dass der Vorstand nicht »handlungsfähig« sei, da der letzte Parteitag mit Vorstandswahl mehr als zwei Jahre zurückliegt. Brand verwies zur Begründung am Dienstag auf Paragraph 11 des Parteiengesetzes und auf einschlägige Kommentarliteratur.

Im Statut der MLPD ist seit 1982 festgelegt, dass Parteitage alle vier Jahre stattfinden. Bei den Wahlteilnahmen auf Bundesebene seit 1987 ist das nie gerügt worden. Die MLPD sieht nun einen schwerwiegenden Eingriff in ihre Satzungsautonomie. Werde die rechtliche Handlungsfähigkeit der Parteiführung bezweifelt, könne »die MLPD in der Konsequenz noch nicht einmal mehr einen Computer für ihr Büro einkaufen«, hieß es in einer Mitteilung.

Peter Weispfennig, der die Partei am Dienstag vertrat, zeigte sich in seiner Stellungnahme »verwundert«, dass die Wahlzulassung auf diese Weise angegriffen wird. Der fragliche Passus im Parteiengesetz sei eine reine Ordnungsvorschrift, die nicht maßgeblich sei für die Feststellung der Parteieigenschaft.

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  • Leserbrief von E. Rasmus (12. Dezember 2024 um 11:45 Uhr)
    Mir bleibt nur, dem System gemäß, von einem wahrhaften Wahlausschuss zu sprechen. Dieser Staat, der nicht einmal eine im Volk abgestimmte Verfassung besitzt und wo man normalerweise alle vier Jahre entscheiden darf, von wem der Betrug am Bürger ausgeführt werden soll, verlangt von Parteien, alle zwei Jahre Parteitage durchzuführen? Welch bürokratischer Kostenaufwand! Da wäre der Bundestag eher gefragt, im D-Zug des Politgeschehens, sich bestätigend zu aktivieren. Übrigens, mir liegt noch die Postwurfsendung von 1989 vor. Dort heißt es im Artikel 146 (Geltungsdauer): »Dieses Grundgesetz verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist.« Die über mehrere Monate in der DDR 1968 diskutierte und dann in freier Wahl beschlossene Verfassung wurde durch die Verratsreformer 1990 einfach für die Vereinnahmung durch den verfassungslosen Staat BRD passend verstümmelt und somit auch die letzte Demokratie beseitigt.
  • Leserbrief von Raimon Brete aus Chemnitz (11. Dezember 2024 um 09:55 Uhr)
    Demokratische Mitwirkung soll verhindert werden. Unverhohlen und nahezu arrogant sprach sich die Bundeswahlleiterin in der Sondersitzung des Wahlausschusses für einen förmlichen Ausschluss der MLPD von der bevorstehenden Wahl aus. Seitens der Vertreterin der Grünen wurde dafür auch noch offen Partei ergriffen. Damit erfolgt ein weiterer Frontalangriff auf die Rechte von Bürgerinnen und Bürgern bei ihrer freien Wahl politischer Alternativen und schränkt das Organisationsrecht erheblich ein. Deutlicher kann das heuchlerische, sogenannte Demokratieverständnis der Herrschenden nicht demonstriert werden. Uns soll wohl nur noch die Wahl zwischen den bürgerlichen Parteien mit ihren Kapital- und Kriegsgelüsten und der Einschränkung gewerkschaftlicher Rechte bleiben. Wer dem sich entgegenstellt, dem werden die Instrumente der »Wertegesellschaft« aufgezeigt und wenn das nicht reicht, drohen Ausgrenzung oder sogar Verbot. Die Entscheidung kommt nicht von ungefähr. Drohen doch bundesweit Arbeitsplatzabbau, Tarifflucht und empfindliche Kürzungen im sozialen, kulturellen und bildungspolitischen Bereichen. Die etablierten Parteien wollen Ruhe an der innenpolitischen Front. Da stören linke Bewegungen, kämpferische Gewerkschaften und gesellschaftskritische Parteien. Dem müssen wir uns aktiv entgegenstellen! Raimon Brete, Matthias Schwander und Dietmar Lehmann aus Chemnitz
  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (11. Dezember 2024 um 00:02 Uhr)
    Steht überhaupt schon fest, ob am 23. Februar 2025 überhaupt Wahlen stattfinden?
    • Leserbrief von Alex Klietz aus Wetterau (11. Dezember 2024 um 10:40 Uhr)
      Nun, theoretisch könnte Scholz die Vertrauensabstimmung am 16. Dezember »gewinnen« oder der Bundespräsident sich weigern, den Bundestag aufzulösen. Beides eher unwahrscheinlich. Der Bundespräsident könnte auch einen anderen Wahltermin (innerhalb der gegebenen Fristen) als den 23. Februar festlegen. Aber auch das ist bisher nicht absehbar.

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