Ukraine in Not
Von Lars LangeFast drei Jahre nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine nehmen Forderungen nach einer Verhandlungslösung zu. Auch Polens Regierungschef Donald Tusk hielt am Dienstag Friedensgespräche noch diesen Winter für möglich. Am Donnerstag werde er deswegen Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron treffen. Der russische Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow erklärte ebenfalls, dass Moskau seine Kriegsziele in der Ukraine auch »durch entsprechende Verhandlungen erreichen« könne.
Faktisch rücken die russischen Streitkräfte im Donbass an mehreren Frontabschnitten weiter vor. Im vom ukrainischen Militär gut befestigten Tschassiw Jar drangen sie in den ehemals größten Industriebetrieb der Stadt ein, den Hersteller feuerfester keramischer Werkstoffe Tschasowojarsk. Im ebenfalls in der Oblast Donezk gelegenen Torezk gelang es russischen Verbänden, das Stadtzentrum fast vollständig einzunehmen und die Kontrolle über das südlich gelegene Bergwerk zu erlangen.
In Kurachowe, das sich ebenfalls im Gebiet von Donezk befindet, trennen die Angreifer nur noch etwas mehr als zwei Kilometer von dem dortigen Kohlekraftwerk, das seit März dieses Jahres bereits inoperabel ist, mit seinen sieben Kraftwerksblöcken aber einen großen Industriebau darstellt, der allerdings von der Armee Kiews entsprechend gut zu verteidigen ist.
Südlich von Kurachowe droht den drei ukrainischen Dörfern Weselij Gai, Ganniwka und Uspeniwka die vollständige Einkreisung. Russische Streitkräfte haben bereits die einzige Nachschublinie unter Feuer genommen und schneiden damit die ukrainischen Versorgungsrouten ab. Die Lage der Siedlungen ist kritisch, da Logistikoperationen jetzt unter ständigem Feindfeuer stehen.
Russlands Armee konzentriert ihre intensivsten Angriffe derzeit südlich des im Nordwesten von Donezk gelegenen Pokrowsk. Die russischen Einheiten sind mittlerweile bis auf weniger als 3.000 Meter an die Außenbezirke dieser strategisch bedeutsamen Stadt vorgerückt und stehen unmittelbar vor der letzten ukrainischen Verteidigungslinie. Die Nähe der russischen Truppen markiert einen kritischen Punkt in der aktuellen Offensivkampagne, da Pokrowsk als wichtiges Bollwerk in der Verteidigungsstrategie der Ukraine gilt.
Denn hinter Pokrowsk finden sich in diesem Frontbereich keine nennenswerten ukrainischen Verteidigungsstellungen mehr. Nach Angaben der Financial Times gelingt es der Armee auch nicht, in ausreichendem Maße neue Defensivanlagen zu errichten, was den russischen Vormarsch erheblich begünstigt. Das völlige Fehlen von Koordination führt zu einem chaotischen und ineffizienten Bau von Befestigungen: Es gibt weder standardisierte Befestigungskonzepte noch eine zentrale Planungsstelle. Außerdem wird die Situation dadurch verschärft, dass dringend benötigte Ingenieure statt zum Bau von Verteidigungslinien an die kämpfende Front geschickt werden.
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Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (11. Dezember 2024 um 13:29 Uhr)Noch eine ergänzende Bemerkung: Nicht nur die Ukraine befindet sich in Not! Seit dem Einsatz der Oreschnik-Raketen am 21. November in der Ukraine haben sämtliche westlichen Raketenangriffe auf russisches Territorium offenbar aufgehört. Dies scheint mir ein stilles Eingeständnis seitens des Wertewestens zu sein – ein Aspekt, über den nicht berichtet wird. Warum werden solche Zusammenhänge von den angeblich unabhängigen Medien nicht erkannt und thematisiert?
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Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (11. Dezember 2024 um 10:46 Uhr)Russland verfolgt seine Ziele konsequent, sei es durch militärische Maßnahmen oder Verhandlungen. Für die Ukraine hingegen sieht die Lage düster aus: Weder der angestrebte NATO-Beitritt noch die Rückeroberung der besetzten Gebiete erscheinen realistisch. Zudem haben die immensen Kriegsschäden die bereits vor dem Krieg bestehenden wirtschaftlichen und demografischen Probleme weiter verschärft. Das Ergebnis könnte eine Restukraine sein, die weder eigenständig überlebensfähig ist noch ohne massive externe Unterstützung auskommt. Doch wer bereit und in der Lage wäre, in einer solchen Situation zu helfen, bleibt die entscheidende Frage.
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