Israel kennt keine Grenzen
Von Knut MellenthinIsraels Luftwaffe (IAF) hat am Dienstag ihre Angriffe auf zahlreiche und vielfältige Ziele in Syrien fortgesetzt. In Ermangelung ausreichender offizieller Mitteilungen zitieren israelische Medien überwiegend »syrische Sicherheitsquellen«, ohne dass nachvollziehbar ist, was dieser Begriff in der gegenwärtigen Situation bedeutet. Getrennt davon werden auch Angaben des in Großbritannien ansässigen »Syrian Observatory for Human Rights« (SOHR) erwähnt, das sich allerdings schon mehrfach als unzuverlässige Quelle erwiesen hat.
Das SOHR meldete am Dienstag, dass es seit Sonntag morgen, als der Sturz von Präsident Baschar Al-Assad offiziell bekanntgegeben wurde, annähernd 310 Angriffe der IAF auf syrisches Gebiet »dokumentiert« habe und zählte viele angebliche Ziele einzeln auf. Am Dienstag kamen laut SOHR weitere 100 Angriffe hinzu. Die Onlinetageszeitung Times of Israel schätzte die Zahl der Angriffe bis Montag abend auf rund 250. Die Website Y Net News, die zur meistverkauften israelischen Tageszeitung Jediot Acharonot gehört, bezog sich am Dienstag morgen auf eine Annahme »westlicher nachrichtendienstlicher Quellen«, dass es seit Sonntag rund 300 Luftangriffe gegeben habe. Die Onlineausgabe der extrem rechtslastigen Tageszeitung Jerusalem Post behauptete am Dienstag, es habe in den frühen Morgenstunden ungefähr 300 neue Angriffe gegeben und berief sich dabei auf anonyme »israelische Sicherheitsquellen«. An der »großflächigen nächtlichen Operation« sei auch die Marine beteiligt gewesen, die zahlreiche syrische Kriegsschiffe in ihren Heimathäfen zerstört habe. Ein weiterer Schwerpunkt seien Luftverteidigungssysteme und Lager mit Boden-Luft-Raketen gewesen. Nach übereinstimmenden Berichten ist die IAF außerdem schon seit Sonntag dabei, die syrische Luftwaffe vollständig »auszuschalten« und deren Stützpunkte unbrauchbar zu machen.
Die israelische Regierung und die Streitkräfte begründen ihren völkerrechtswidrigen Krieg auf syrischem Boden damit, dass alle dortigen »strategischen« Waffen vernichtet werden müssten, »damit sie nicht in feindliche Hände fallen«. Gemeint sind die in mehrere Fraktionen zersplitterten islamistischen Kampfgruppen, von denen allerdings bisher noch nie Gefahren für Israel ausgegangen sind. Im Gegenteil: Einige ihrer Führer betrachten den zionistischen Staat als Verbündeten und hoffen auf dessen Unterstützung bei den zu erwartenden Machtkämpfen.
Zu Israels einseitigen und rechtswidrigen militärischen Aktionen gehört auch die Besetzung der 235 Quadratkilometer großen »Pufferzone« auf unstrittig syrischem Boden, die 1974 im Waffenstillstandsabkommen mit Damaskus festgelegt wurde. Angeblich sei diese Maßnahme »begrenzt, defensiv und zeitweilig«, beteuert die Armee. Sie werde aber aufrechterhalten, solange sich die Milizen nicht zuverlässig geeinigt hätten. Die US-Regierung hat der Übernahme der »Pufferzone« sofort bereitwillig zugestimmt. Der Sonderbeauftragte der UNO für Syrien, Geir Pedersen, forderte am Montag die Einstellung aller Angriffe und Truppenbewegungen Israels auf syrischem Boden. Die in der »Pufferzone« stationierte internationale Friedenstruppe UNDOF hat gegen das israelische Vorgehen als Verletzung des 1974 geschlossenen Abkommens protestiert. Das Außenministerium Saudi-Arabiens verurteilte die Besetzung syrischen Territoriums als Beweis für Israels Absicht, »Syriens Chance zu ruinieren, seine Sicherheit wiederherzustellen«.
Premierminister Benjamin Netanjahu veranstaltete am Montag seine erste Pressekonferenz seit 99 Tagen und trat als stolzer Triumphator auf, der mit seinem Bestehen auf der Fortführung des Krieges »bis zum totalen Sieg« Recht behalten und sich gegen alle Kritiker durchgesetzt habe. Israel sei dabei, »das Gesicht des Nahen Ostens zu verwandeln«. »Israel etabliert seinen Status als Brennpunkt der Macht in unserer Region, wie seit Jahrzehnten nicht mehr.« – »Schritt für Schritt« arbeite Israel weiter an der Zerstörung der »Achse des Widerstands«, die durch den Sturz Al-Assads schwer geschwächt sei.
Solidarität jetzt!
Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.
In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.
Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!
Ähnliche:
- 11.12.2024
Bombenhagel auf Syrien
- 12.11.2024
Angriff auf Souveränität
- 10.05.2023
Syrien rehabilitiert sich
Mehr aus: Ausland
-
Ukraine in Not
vom 11.12.2024 -
Bern schafft aus
vom 11.12.2024 -
Tote, die keiner sehen will
vom 11.12.2024