»Wir haben bereits über eine Million Euro investiert«
Interview: Kristian StemmlerMit ihrer Firma Deutsche Anbaugesellschaft wollen Sie im mecklenburgischen Relzow bei Anklam auf einem ehemaligen NVA-Gelände im großen Stil Cannabis anbauen. Was planen Sie dort konkret?
Auf unserem Areal entwickeln wir Technologie für das sogenannte Vertical Farming (vertikale Landwirtschaft, bei der Kulturen übereinander angebaut werden, jW) insbesondere für den komplexen Indoor-Anbau von Cannabis. Dazu stellen wir die Infrastruktur für Cannabisclubs bereit. Des weiteren planen wir mit unserem Unternehmen, Cannabis für den medizinischen Markt zu produzieren. Auch die Zusammenarbeit mit Hochschulen und Forschungsinstituten ist Teil unseres Projektes. Dazu nutzen wir die Synergien des Standortes; das Gelände ist rund um die Uhr gesichert, der Anbau erfolgt nachhaltig und energieeffizient – und selbstverständlich rechtskonform, sogar nach EU-Recht.
Wie sehen die Anbaumodule aus, in denen das Cannabis angebaut werden soll?
Unsere Anbaumodule sind 250 Quadratmeter groß und komplett mit modernster Technik ausgestattet, wie speziellen LED-Lampen mit Infrarot- und Ultraviolettstrahlung sowie Doppelstockregalen mit einem Neigungswinkel, damit das Wasser besser abfließen kann. Das Hightech-Herzstück ist eine computergesteuerte Bewässerungs-, Klima- und Nährstoffanlage. Die gesamte Technik haben wir gemeinsam mit Experten aus Deutschland, den Niederlanden und der Schweiz entwickelt.
Zu jedem Modul gehören sechs Räume, die für Anbau, Technik, Trocknung und Verarbeitung genutzt werden können. Dazu eine eigene Desinfektionsschleuse mit elektronischer Zugangssicherung. Zutritt zu den in sich abgeschlossenen Modulen haben dann nur die Mitglieder der jeweiligen Anbauvereinigung.
Nach der Teillegalisierung von Cannabis dürfen nichtkommerzielle Anbauvereinigungen mit bis zu 500 Mitgliedern Cannabis anbauen und zum Konsum an ihre Mitglieder abgeben. Denen wollen Sie Ihre Module zur Verfügung stellen. Wie soll das ablaufen und haben Sie schon Anfragen?
Wir stellen den Anbauvereinigungen unsere Technologie zur Verfügung. Zusätzlich zu dem Modul, in dem der Anbau stattfindet, haben wir eine eigene Software, ein Anbaumanagementsystem entwickelt, mit dem alle Prozesse genau gesteuert, kontrolliert und dokumentiert werden können. Das Interesse an unserem Angebot ist bundesweit groß, wir führen fast täglich Gespräche mit Interessenten. Das größte Problem der Anbauvereinigungen ist, eine geeignete Infrastruktur für den Anbau zu finden und die damit verbundene Finanzierung.
Wieviel haben Sie bisher in Anklam investiert und mit welchen Kosten rechnen Sie noch?
Wir haben bereits über eine Million Euro in den Standort investiert. Wir planen, im Jahr 2025 einen zweistelligen Millionenbetrag in den Standort zu investieren und wollen in der strukturschwachen Region viele Arbeitsplätze schaffen.
Es könnte noch ein Problem für Sie geben. Ziel des Gesetzes sei »kleinräumlicher, nichtgewerblicher Eigenanbau zum Eigenkonsum«, heißt es von den Behörden. In Relzow könne nur eine Anbauvereinigung eine Erlaubnis bekommen. Wie gehen Sie damit um?
Sie verwenden zu Recht den Konjunktiv »könnte«, weil hier in der Tat eine Kann-Regelung vorliegt. Wir haben uns schon früh mit dem Cannabisgesetz auseinandergesetzt und unser Modul so entwickelt, dass es die Anforderungen des kleinräumlichen und gemeinschaftlichen Eigenanbaus zu 100 Prozent erfüllt.
Ein weiterer Vorteil unseres geschlossenen und gesicherten Moduls ist, dass es sich ohne großen Aufwand praktisch überall in Deutschland aufstellen lässt. Wir sind somit nicht an den Standort Relzow gebunden. Last but not least leisten wir mit unserem streng kontrollierten Anbau einen wirksamen Beitrag zur Bekämpfung des Schwarzmarktes, was ja ein wesentliches Ziel des Gesetzgebers bei der Teillegalisierung von Cannabis war.
Christian Tonn ist Geschäftsführer der Deutschen Anbaugesellschaft (DAG)
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Christel H. aus Aschersleben (11. Dezember 2024 um 17:12 Uhr)Das Interview macht mich sprachlos. Wenn ich lese, wieviel Geld und Innovation in den Cannabisanbau gesteckt werden, frage ich mich, ob es nicht vielleicht ein oder zwei Wirtschaftszweige gibt, wo das Milliönchen und der Erfindergeist nützlicher und sinnvoller eingesetzt werden könnten.
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Leserbrief von Wolfgang aus bei Anklam (10. Dezember 2024 um 22:11 Uhr)Wie kommt ihr dazu, die Plantage als »bei Anklam« zu beschreiben. Das ist 120 km auseinander. Man könnte auch sagen »bei Rostock«. Das sind ein paar km weniger.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Joachim S. aus Berlin (11. Dezember 2024 um 14:23 Uhr)Das Bild täuscht. Es geht gar nicht um Prora, sondern um Relzow kurz vor Murchin. Hanf vor der Haustür also bei Anklam. Früher machte man daraus Stricke und Säcke. Heute angebliches Wohlbefinden. Für die zu erwartenden Folgen kann ja dann die Klinik in Karlsburg großzügig umgestaltet werden.
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