Mehr Torpedos
Von Arnold SchölzelAm 2. September verglich Klaus Fischer in dieser Zeitung die BRD-Wirtschaft mit einem »Superschlachtschiff, das einige Torpedotreffer nicht gleich versenken können«. Doch die Schäden durch vereinte Bemühungen unfähiger Manager und Minister seien nur schwer einzudämmen. Das Bild gilt auch gut drei Monate später, allerdings nimmt die Zahl der Torpedotreffer zu, vor allem die durch Eigenbaugeschosse.
Die Regierung zum Beispiel ist zwar weg, vergibt aber fröhlich mit Hilfe von CDU/CSU und FDP im Haushaltsausschuss des Bundestages wöchentlich Rüstungsaufträge in Milliardenhöhe. Am Dienstag verkündete der amtierende Finanzminister Jörg Kukies (SPD) im ZDF-»Morgenmagazin«, die Finanzen des Bundes seien für das laufende Jahr »gut im Griff«. Zu sehen sei, »dass die Einnahmen im Moment völlig ausreichen, um allen Verpflichtungen nachzukommen«. Für das Gesamtjahr, berichtete Zeit online am 21. November, werde mit Steuermehreinnahmen von drei Prozent gerechnet, allein im Oktober nahmen Bund und Länder 8,2 Prozent mehr ein als im September. Da »wir« aber siegen müssen, egal wo, reicht das nicht für Soziales und Kultur.
Anfang September lag der Aktienindex Dax des Schlachtschiffs Deutschland knapp unter 19.000 Punkten, am Dienstag kletterte er auf über 20.000. Die Inflation stieg zwar im November wieder an, aber gut zwei Prozent sind lächerlich im Vergleich zu den 34 Prozent, die laut einer Mitteilung von Oxfam, ebenfalls am Dienstag, seit 2020 auf Lebensmittel draufgeschlagen wurden. Selbst der FAZ fiel neulich auf, dass für den »Eckpreisartikel« Butter nun vier Euro pro Stück verlangt werden – der höchste Butterpreis in der Geschichte des Landes. Die Zahl derjenigen, die sich kein Fett auf die Stulle kratzen können, dürfte erheblich gestiegen sein. Opfer müssen sein in Kriegszeiten.
Ebenfalls am Dienstag verkündete die Lobby der deutschen Maschinen- und Anlagenbauer: 2024 ging ihr Umsatz um acht Prozent in den Keller, zwei Prozent minus sollen 2025 folgen. Reuters nennt das: »Keine rasche Erholung im Maschinenbau.« Zwischen Kukies und diesem Wegdämmern von »Made in Germany« in einer Kernbranche schob sich Olaf Scholz. Er tauchte bei Ford in Köln auf – wegen Wahlkampf und Entlassungen. Er und die Autochefs haben nichts verschlafen, nur: China hat, meldet die FAZ am 4. Dezember, 2023 zum ersten Mal die BRD beim Einsatz von Robotern pro 10.000 Industriebeschäftigten überholt – Indikator für den Automatisierungsgrad. Die sind wohl einfach besser.
Massenentlassungen, Butterpreise und Technik, die nicht mithält – na und? Solange die Rüstungskonzerne aus der vollen Staatskasse gepampert werden, ist alles im Griff. Von den USA lernen heißt deindustrialisieren lernen. Dann verdoppeln auch die deutschen Milliardäre in ein paar Jahren ihr Vermögen.
Die restlichen 99 Prozent dürfen wählen, welcher Krieg gerade geführt werden muss.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (11. Dezember 2024 um 10:02 Uhr)Immer dieser negative Duktus! Gefolgschafts- und Volksführer der Unfähigkeit bezichtigen, unfassbar! Dabei wollen die doch im Jahr 2025 das negative Wachstum um sechs Prozent verringern, also bitte!
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