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Aus: Ausgabe vom 11.12.2024, Seite 10 / Feuilleton

Kolmar, Triebel, Opoczynski, Riva

Von Jegor Jublimov
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Zwei Jahrzehnte lang Publikumsliebling: Evelyn Opoczynski (l., 1971)

»Und silbern eisige Gestirne schmelzen / Als große Flocken mir auf schwarzen Pelzen / In Winternacht.« So die letzten Zeilen von Gertrud Kolmars Gedicht »Wappen von Berlin«, in dem sie den Berliner Bären als Bärin beschreibt. Die Berliner Rechtsanwaltstochter Gertrud Chodziesner, die sich ab 1917 Kolmar nannte, wurde am Dienstag vor 130 Jahren geboren und mit 48 Jahren in Auschwitz-Birkenau von den Nazis ermordet. Heute gilt die Cousine der Antifaschisten Walter und Georg Benjamin als eine der bedeutendsten deutschsprachigen Lyrikerinnen des vorigen Jahrhunderts. Vielen Menschen ist es zu verdanken, dass Kolmar nicht vergessen wird. So stellte Filmemacher Sven Boeck 2021 nach jahrelanger Arbeit seine Trilogie »Herzbergmaschine« über die Dichterin und ihre jüdische Familie vor.

Spätestens seit Wolfgang Staudtes Heinrich-Mann-Verfilmung »Der Untertan« (1951) kennt man den markanten Glatzkopf von Axel Triebel, der hier den Major Kunze gab. In einer seiner letzten großen Filmrollen in »Die gestohlene Schlacht« (1972, Koproduktion DDR/ČSSR) hatte es Triebel als Gegenspieler von Manfred Krug zum General gebracht. Über 100 Kino- und TV-Rollen übernahm er zwischen 1948 und 1976, seinem Todesjahr. Doch wenig weiß man über sein Vorleben. Als Berliner Schauspieler lehnte er sich in den 30er Jahren dagegen auf, dass jüdische Kollegen entlassen wurden. Daraufhin wurde auch er gekündigt und erhielt Berufsverbot. Zu dieser Zeit erlitt er einen Herzinfarkt, der ihn allerdings davor bewahrte, in den Krieg ziehen zu müssen. Gleich 1945 konnte er ein Tourneeensemble gründen, mit dem ihn Bertolt Brecht 1948 sah und als zweiten festen Schauspieler (nach Willi Schwabe) in sein Berliner Ensemble holte, dem er bis ans Lebensende angehörte. Am Freitag wäre er 125 Jahre alt geworden.

Eine kleine Rolle spielte Triebel 1971 in dem Abenteuerfilm »Husaren in Berlin«, in dem Evelyn Opoczynski gleich nach Manfred Krug die Besetzungsliste anführte. Seit sie neben Rolf Herricht und Hanns-Michael Schmidt 1967 die Titelrolle in dem Reiselustspiel »Meine Freundin Sybille« übernommen hatte, blieb sie in heiteren wie auch tragischen Rollen für fast zwei Jahrzehnte ein Publikumsliebling und war in einem wahren Kultfilm dabei: »Sieben Sommersprossen« (1978). Oft sah man die seit Dienstag 75jährige in Charakterrollen der Reihe »Der Staatsanwalt hat das Wort«, der man mehr Wiederholungen wünscht.

Am Freitag gedenken wir der Schauspielerin Maria Riva, die schon als kleines Mädchen Studioluft atmete, und nun tatsächlich 100 wird! Die Berlinerin folgte ihrer Mutter Marlene Dietrich 1930 nach Hollywood, wo sie in mehreren Dietrich-Filmen mitspielte. Ein weiteres Mal folgte sie ihrer Mutter, als sich US-Soldaten an der Befreiung Europas beteiligten und trat zur Truppenbetreuung auch in Deutschland auf. In den Vereinigten Staaten spielte sie dann Theater und in TV-Serien. Berlin ist ihr dankbar, dass sie Marlenes Nachlass an ihre Heimatstadt vergeben hat.

Schon am Montag wäre Benny aus der dänischen »Olsenbande« 90 Jahre alt geworden. An Morten Grunwald, der kurz vor seinem Tod 2018 noch an der Berliner Volksbühne auftrat, erinnern wir in einer Woche!

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