Anschlagsplan wirft Fragen auf
Von Gerhard FeldbauerDie italienische Abteilung für Sonderoperationen (DIGOS) der Staatspolizei hat nach eigenen Angaben eine von Mitgliedern faschistischer »Werwolf-Divisionen« geplante Ermordung der rechten Ministerpräsidentin Giorgia Meloni verhindert. Bei zwölf festgenommenen Mitgliedern seien Dokumente, darunter der Chatverlauf in einem Telegram-Kanal, sichergestellt worden, in denen Meloni als eine »Verräterin« und eine »ekelhafte Konkubine von Zion« bezeichnet wurde, wie die Nachrichtenagentur ANSA am 4. Dezember berichtete. Die Regierungschefin sei nur solange eine echte Faschistin gewesen, bis sie an die Macht kam, hätten die Gruppenmitglieder demnach beklagt.
Die Praxis von Meloni sieht freilich anders aus, wie das kommunistische Magazin Contropiano berichtete. Durch von Schlägertrupps der Jugendbewegung »Azione Studentesca« ihrer Partei »Brüder Italiens« (FdI) verübte brutale Überfälle, so 2023 auf Schüler des Michelangelo-Gymnasiums in Florenz, fühlten sich »Straßenfaschisten« generell durch die Regierung ermuntert. Erst im Oktober hatte Meloni, um Proteste gegen diese Umtriebe an Schulen und Universitäten zu unterdrücken und »Zucht und Ordnung« durchzusetzen, ein Gesetz aus der Zeit des faschistischen Diktators Benito Mussolini wieder eingeführt.
Als Meloni, um nur ein Beispiel zu nennen, mit Isabella Rauti die Tochter des 2012 verstorbenen faschistischen Politikers Giuseppe Umberto »Pino Rauti« als Staatssekretärin ins Verteidigungsministerium holte, war das nachgerade eine Ermunterung für die jetzt bekanntgewordenen »Werwolf-Divisionen«, die auch Migranten verfolgen. Der 1926 geborene Rauti war der Terrormanager des Movimento Sociale Italiano (MSI), in dem Meloni die Jugendfront leitete und aus dem ihre FdI hervorging. Rauti war zudem Gründer der faschistischen »Ordine Nuovo«, die für das Massaker auf der Piazza Fontana im Dezember 1969 verantwortlich war. Damals starben durch den Sprengstoffanschlag 17 Menschen, mehr als 100 weitere wurden verletzt.
Das werfe laut Contropiano Fragen darüber auf, was es mit der Aufdeckung der »Werwölfe« auf sich hat. Der Mailänder Corriere della Sera erwähnte, dass Aktivitäten der Gruppe spätestens seit Mai 2023 bekannt seien, ohne dass dagegen eingeschritten worden wäre. Die jetzt erfolgte Aufdeckung hängt erkennbar damit zusammen, dass Meloni in Brüssel mit ihrem zum EU-Vizekommissionspräsidenten gewählten Raffaele Fitto von Grünen, Sozialdemokraten und Linken scharf kritisiert wird. Mit Fitto sei ein offen auftretender Faschist gewählt worden.
Während er vor allem seine Herkunft aus den Nachfolgeparteien der früheren konservativen Democrazia Cristiana (DC) betont, um diesen Vorwurf zu entkräften, kommen Meloni die jetzigen Enthüllungen vermutlich gerade recht, um sich als Opfer faschistischer Anschlagspläne darzustellen und so ihr Festhalten am Erbe Mussolinis zu verschleiern. Selbst das Flammensymbol des Diktators könne man, »wenn die Zeit komme«, aus dem Partei-Logo entfernen, ließ Meloni ihren Minister Luca Ciriani verkünden. Abgesehen davon, dass ein Verzicht auf die Flamme für Meloni den Verlust von wenigstens der Hälfte ihrer Wähler bedeuten könnte, zeigt ihre Praxis, dass das wieder einer ihrer Versuche ist, sich von Mussolini zu distanzieren, während sie in Wirklichkeit an ihm festhält.
Angesichts der dürftigen Tatsachen der Ermittler gehen auch großbürgerliche Medien wie La Stampa auf Distanz und sprechen von »angeblichen« Mordplänen. Dafür spricht auch, dass die zwölf verhafteten »Werwölfe«, mit einem ehemaligen Bankangestellten, einem Showsänger und einem 76jährigen früheren Opernsänger als Führungskräften, bei denen lediglich eine Pistole sichergestellt wurde, zu zwei Divisionen – einer »Ersten Werwolf-Division«und einer »Division Neue Morgenröte« – hochgeschrieben werden. Neben den Mordplänen gegen Meloni sollen diese Grüppchen angeblich auch einen Sturm auf den Regierungssitz und das italienische Parlament geplant haben.
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