Kosmetik für die Arbeitslosenstatistik
Von Gudrun GieseDie aktuelle Wirtschaftskrise in der Bundesrepublik könnte viele Jobs kosten. Um die Arbeitslosigkeit zu begrenzen, will Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) die maximale Bezugsdauer von Kurzarbeitergeld von zwölf auf bis zu 24 Monate verlängern.
Werde die Dauer des Kurzarbeitergeldbezuges nicht verlängert, drohe erheblicher Arbeitsplatzabbau in vielen der von Kurzarbeit betroffenen Betrieben. Am Donnerstag berichtete Reuters über einen entsprechenden Verordnungsentwurf aus dem Ministerium, den Heil zur Abstimmung mit anderen Bundesministerien freigegeben hat. Das Kabinett soll die Verordnung noch vor Weihnachten absegnen, so dass sie zum 1. Januar 2025 in Kraft treten kann. Weder Bundestag noch Bundesrat müssen der Regelung zustimmen. Die rot-grüne Minderheitsregierung könnte die Änderung also tatsächlich in Kraft setzen.
Die Bundesagentur für Arbeit, die das Kurzarbeitergeld auszahlt, rechnet mit Mehrausgaben von etwa 260 Millionen Euro. Bisher waren für den Posten namens konjunkturelles Kurzarbeitergeld 783 Millionen Euro im Etat der Behörde vorgesehen. Zugleich spart sie einen nicht bezifferten Betrag, der anderenfalls für Arbeitslosengeld aufgewendet werden müsste. Ohnehin hält es die Bundesagentur nicht für ausgeschlossen, dass die Zahl der Arbeitslosen zu Beginn des kommenden Jahres zum ersten Mal seit zehn Jahren auf mehr als drei Millionen steigen könnte. Die Zahl der Kurzarbeiter sei laut dem Entwurf des Arbeitsministeriums nach vorläufigen Daten im September auf 268.000 gestiegen, was einem Anstieg um 116.000 gegenüber dem Vorjahr entspreche. 82 Prozent der Betroffenen seien demnach im verarbeitenden Gewerbe beschäftigt.
Die Kurzarbeiterregelung sieht die Erstattung von 60 Prozent des Lohns durch die Bundesagentur vor; für Beschäftigte mit Kindern erhöht sich der Satz auf 67 Prozent. Auf diese Weise sollen Betriebe eine temporäre Flaute überbrücken können. Dass die derzeitige Wirtschaftskrise in der Bundesrepublik schnell vorbeigeht, erscheint allerdings mehr als fraglich. Mit dem Instrument Kurzarbeitergeld hatte die damalige schwarz-rote Bundesregierung zuletzt während der Coronapandemie operiert. Ein zweistelliger Milliardenbetrag wurde aufgewendet, um einen drastischen Anstieg der Arbeitslosigkeit zu verhindern. Eine Belebung der Wirtschaft nach Ende der Lockdowns war absehbar, während die jetzige Krise strukturpolitische und globale Ursachen hat, die nicht einfach verschwinden werden. Immerhin haben die während der Coronapandemie gezahlten Kurzarbeitsgelder die Rücklage der Bundesagentur für Arbeit in Höhe von 26 Milliarden Euro aufgezehrt.
Generell befinde sich der Arbeitsmarkt in der Bundesrepublik im Umbruch, hatte ntv Anfang Dezember berichtet. So fielen Vollzeitstellen in der Industrie zunehmend weg, während die Zahl der Teilzeitjobs im Dienstleistungssektor zunähme. Zugleich leisten immer weniger Beschäftigte Überstunden, wie das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) feststellte. Seit dem Ende der Coronapandemie habe es einen Rückgang um mehr als ein Drittel gegeben. Im Sommerquartal dieses Jahres entfielen auf jeden Beschäftigten im Durchschnitt 3,3 bezahlte und 3,9 unbezahlte Überstunden. Gleichzeitig habe aber nahezu jeder neunte Berufstätige einen Zweitjob, berichtete Enzo Weber, Leiter des IAB-Forschungsbereichs Prognosen und gesamtwirtschaftliche Analysen. Rund 4,6 Millionen Beschäftigte hätten eine Nebentätigkeit, was einem Anstieg um 1,2 Prozent gegenüber dem dritten Quartal 2023 entspreche. Die Entwicklung folge dem langjährigen Trend. Diesen wird das verlängerte Kurzarbeitergeld wohl kaum aufhalten.
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