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Aus: Ausgabe vom 18.12.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Postprivatisierung

Britische Post wird tschechisch

Regierung in London stimmt Übernahme von Royal Mail durch Milliardär Křetínský zu. Zustimmung auch von Gewerkschaften. Kritik von Linken
Von Dieter Reinisch, Prag
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Genau betrachtet, kein guter Deal: Die Übernahme der britischen Post

Die britische Regierung stimmte am Montag der Übernahme der Royal Mail durch den tschechischen Milliardär Daniel Křetínský zu. Das hinter der britischen Post stehende Unternehmen International Distribution Services (IDS) soll für 3,6 Milliarden Pfund Sterling (4,3 Milliarden Euro) verkauft werden. Zu den Bedingungen gehören die Beibehaltung der einheitlichen Preisgestaltung und die Zustellung von Briefen erster Klasse an sechs Tagen die Woche. Außerdem behält die Regierung einen sogenannten goldenen Anteil, der sie verpflichtet, alle größeren Änderungen an den Eigentumsverhältnissen oder dem Haupt- und Steuersitz von Royal Mail zu genehmigen, wie die britische Nachrichtenagentur PA berichtete. Für die nächsten fünf Jahre soll der Sitz von Royal Mail in Großbritannien bleiben.

Die Übernahme von IDS durch Křetínskýs EP Group soll Anfang nächsten Jahres abgeschlossen werden. Unter Berücksichtigung der Schulden wird der finanzielle Aufwand für Křetínský mit 5,3 Milliarden Pfund (6,42 Milliarden Euro) ­bewertet.

Wirtschaftsminister Jonathan Reynolds sagte gegenüber der BBC am Montag, die von der Regierung erzielte Einigung bedeute, dass die Übernahme »ein gutes Geschäft für Großbritannien, ein gutes Geschäft für die Menschen, die für Royal Mail arbeiten, und ein gutes Geschäft für die Kunden« sei. Křetínský sagte, die Gespräche mit der Regierung hätten »zu beispiellosen Verpflichtungen und Zusagen geführt«. Er fügte hinzu, seine EP Group habe die »Mission, Royal Mail zu einem erfolgreichen modernen Postunternehmen mit qualitativ hochwertigen Dienstleistungen und Produkten für seine Kunden zu machen«.

Der Zustimmung zum Deal durch die Regierung gingen lange Verhandlungen mit den Gewerkschaften CWU und Unite voraus. Im Frühjahr hatten sie den Verkauf noch abgelehnt, doch nun zeigen sie sich zufrieden. In einer Grundsatzvereinbarung mit den Gewerkschaften habe die EP Group zugesichert, dass die Arbeiter einen Anteil von zehn Prozent an allen Dividenden erhalten, die an Křetínský ausgezahlt werden. Außerdem soll es monatliche Treffen mit den Direktoren geben, um den Gewerkschaften Mitspracherecht bei der Unternehmensführung zu geben. CWU-Generalsekretär Dave Ward sagte der BBC, es handele sich um eine »umfassende Vereinbarung«, und der Deal sei die »beste Gelegenheit«, die Zukunft von Royal Mail zu retten. Viele befürchteten, dass Royal Mail in die Hände eines ausländischen Investors falle. Tatsächlich sei es jedoch so, dass »der Status quo das Ende der Postdienste in Großbritannien bedeuten würde«, behauptete Ward in einer Aussendung am Dienstag.

Kritik kam dagegen von linken Abgeordneten. Der ehemalige Labour-Chef Jeremy Corbyn schrieb in sozialen Medien, darunter dem Kurznachrichtendienst Threads: »Die Regierung hätte Royal Mail endlich in öffentliches Eigentum überführen können. Statt dessen verkaufte sie es an einen tschechischen Milliardär. Wir werden abgezockt. Es ist an der Zeit, Royal Mail dorthin zurückzubringen, wo es hingehört: in öffentliche Hände«, forderte Corbyn eine Wiederverstaatlichung.

Mit der Übernahme baut Křetínský sein Firmenimperium weiter aus. Im Mai hatte er von Thyssen-Krupp in Deutschland die Zusage für den Kauf von 20 Prozent der Stahltochter erhalten. Křetínský ist auch Großaktionär beim Lebensmittelgroßhändler Metro und der französischen Handelskette Casino.

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