Blackout zu Weihnachten
Von Reinhard LauterbachBei einer neuen russischen Angriffsserie gegen Objekte der Energiewirtschaft in der Ukraine sind am Mittwoch offenbar schwere Schäden entstanden. Ukrainische Medien beschrieben die Situation als »schlimmer als bei den letzten beiden Angriffswellen«. Getroffen wurden Wärme- und Wasserkraftwerke sowie Verteilernetze in Charkiw, Dnipro, Kriwij Rig, Krementschuk und den westukrainischen Regionen Winnizja und Iwano-Frankiwsk. Der Charkiwer Gouverneur Oleg Sinjegubow tröstete die Bevölkerung mit den Worten, es werde keine Stromabschaltungen geben, weil Fernheizung und Warmwasserversorgung nicht funktionierten. Mit anderen Worten: friert, aber im Hellen. In anderen ukrainischen Großstädten wurden dagegen Stromsperren von acht Uhr morgens bis 21 Uhr verfügt. Moskau bestätigte die Angriffe und erklärte, ihr Ziel sei gewesen, die Stromversorgung der ukrainischen Rüstungsindustrie zu stören. Das ist offenbar teilweise gelungen. Bereits am Dienstag hatten ukrainische Experten berichtet, dass die Produktion des militärisch-industriellen Komplexes um etwa zehn Prozent gesunken sei. Der Strommangel werde allerdings erst nach den Feiertagen in vollem Umfang spürbar sein.
An der Front drangen russische Truppen in allen Abschnitten weiter vor. Westlich der Ortschaft Welika Nowosilka im südlichen Donbass brachen sie nach eigenen Angaben zur Straße durch, die den Ort mit der Distriktshauptstadt Saporischschja verbindet. Die Straße aus der Stadt nach Norden ist ebenfalls bereits unter russischer Kontrolle. Im Raum Pokrowsk weiter nördlich sind russische Einheiten bis auf eine Linie westlich der Stadt vorgestoßen. Das US-amerikanische Institute for the Study of War (ISW) schätzte ein, dass Russland verlustreiche Straßenkämpfe in der Stadt vermeiden und die Ukraine statt dessen mit der Gefahr einer Einkreisung zum freiwilligen Rückzug nötigen wolle. Im Nordabschnitt der Front erweiterten russische Truppen ihre Positionen am östlichen Ufer des Flusses Oskil südlich von Kupjansk aus. Nachdem sie nördlich dieser Stadt auch einen Brückenkopf auf dem Westufer des Oskil errichtet haben, ist der dortige Eisenbahnknotenpunkt für die ukrainische Armee nicht mehr nutzbar.
Russlands Außenminister Sergej Lawrow hat unterdessen betont, dass Moskau an einem kurzfristigen Waffenstillstand nicht interessiert ist. Russland strebe ein Kriegsende an, das mit soliden und juristisch belastbaren Garantien für die russischen Interessen verbunden sei. Bei territorialen Fragen werde Russland keine Konzessionen machen: Die Bewohner der seit 2022 eroberten Gebiete hätten »ein Recht darauf, in Russland zu leben«. In der russischen Kriegsberichterstattung wird in den vergangenen Tagen immer öfter die Entfernung von der aktuellen Frontlinie bis zu den administrativen Grenzen der Bezirke Donezk und Lugansk betont, obwohl es sich bei diesen Grenzen nur um Linien auf der Landkarte handelt.
Weiter unklar ist derweil, warum am Mittwoch ein in Aserbaidschan zugelassenes Passagierflugzeug im kasachischen Aqtau nahe dem Kaspischen Meer notlanden musste. Dabei waren 38 Insassen ums Leben gekommen, 29 überlebten. Die Maschine war von Baku ins tschetschenische Grosny unterwegs und musste unterwegs das Flugziel zweimal ändern. Bilder der notgelandeten Maschine zeigten Löcher im Rumpf, die wie Einschussöffnungen aussahen. Russland spielte die darin liegende Möglichkeit herunter, dass das Flugzeug von der eigenen Flugabwehr irrtümlich abgeschossen worden sein könnte.
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Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (27. Dezember 2024 um 09:58 Uhr)Laut Außenminister Lawrow sei Russland bereit, ab dem 20. Januar mit der neuen US-Regierung unter Donald Trump an einer Lösung zu arbeiten. Allerdings sieht Russland nach Aussage seines Außenministers keinen Sinn in einem Waffenstillstand, der den Krieg in der Ukraine lediglich einfrieren würde. Statt dessen strebt Moskau ein umfassendes Abkommen mit den USA an, das die osteuropäischen Regionen betrifft. Die Ukraine befürchtet unterdessen, zu einem für sie nachteiligen Ergebnis gezwungen werden zu können.
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