Dirigent der Streichpolitik
Von Oliver RastSprache ist verräterisch, selbst einzelne Begriffe sind es. Dieser etwa: konsolidieren. Gemeint ist: kürzen, kürzen – und nochmals kürzen. Darin ist Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner prima. Denn auch in den kommenden Jahren müsse es »weitere Sparmaßnahmen geben«, wurde der CDU-Politiker am Donnerstag von dpa zitiert. Warum? Weil die Streichliste im Volumen von drei Milliarden Euro für den Landeshaushalt 2025 nicht reiche.
Das Abgeordnetenhaus (AGH) hatte am Donnerstag vor einer Woche mit den Stimmen der »schwarz-roten« Koalition den Nachtragshaushalt für das kommende Jahr beschlossen. Nach monatelangen Querelen im Senat. Gekürzt wird ressortübergreifend, besonders stark im Verkehr, bei der Kultur, aber auch an den Hochschulen und im Wissenschaftsbetrieb. Rotstiftpolitik, die nicht unwidersprochen bleibt.
Zeitgleich zum Haushaltsbeschluss waren rund 3.000 Personen dem Aufruf unter anderem der Bildungsgewerkschaft GEW gefolgt und vor das AGH gezogen. »Die Kürzungen werden die Arbeitsbedingungen an den Hochschulen noch weiter verschlechtern und verlässliches wissenschaftliches Arbeiten unmöglich machen«, sagte die Vorsitzende der GEW Berlin, Martina Regulin, in ihrer Rede während der Protestkundgebung. Und: Die Art, wie der Senat mit den sozial arbeitenden Menschen in dieser Stadt umgehe, sei inakzeptabel. Beschäftigte würden kurz vor dem Jahreswechsel »in die völlige Ungewissheit und manche von ihnen möglicherweise auch in die Arbeitslosigkeit entlassen«, betonte die GEW-Landesvorsitzende.
Den Regierenden scheint das nicht zu beeindrucken. »Wir müssen auch in den Jahren 2026/27 den Haushalt konsolidieren«, forderte Wegner im Gespräch mit dpa. Dazu brauche es ferner Strukturveränderungen. Das werde die Koalition angehen. Konkreter wurde der Senatschef indes nicht; nur so viel: Teure ideologische Wunschträume der Bündnisgrünen führten nicht weiter. Wegner: »Wir brauchen wieder Maß und Mitte.« Und nicht zuletzt »Kreativität«, besser: Taschenspielertricks. Kredite könnten künftig wegen der Schuldenbremse nicht über den regulären Landeshaushalt laufen, sondern über den Umweg landeseigener Unternehmen. Das ist dann wohl die »kreative Konsolidierungspolitik« des Dirigenten der Streichpolitik, Kai Wegner.
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