Nach Westen schielen
Von Joaquín Mbomío Bacheng
Politisch und geostrategisch ist Gabun ein Land, das stark im westlichen Lager verankert ist. Seine engen Beziehungen zu Frankreich unterstreichen die noch immer gewichtige Rolle, die Europa in Afrika einnimmt. Mit einer weitgehend christlichen Bevölkerung, die auch Priester nach Europa entsendet, gehört das ressourcenreiche Land zum »rechten Ufer« des Kontinents. Der »starke Mann« in Libreville heißt seit dem vergangenen Jahr Brice Clotaire Oligui Nguema.
General Oligui entstammt der Präsidentengarde und gelangte 2023 infolge eines unblutigen Putsches an die Macht. Ganz Gabun applaudierte, und auch aus dem benachbarten Äquatorialguinea, das zu Gabun ebenso brüderliche wie streitbare Beziehungen unterhält, kam Beifall.
Bis zum Staatsstreich von General Oligui am 30. August 2023 war die Geschichte des unabhängigen Gabun mit zwei Namen verbunden: Léon Mba, dem ersten Präsidenten, und Albert-Bernard Bongo, der später zum Islam konvertierte und sich schließlich in Omar Bongo Ondimba umbenannte. Mba starb unter mysteriösen Umständen in Paris, nicht einmal das Datum ist bekannt. Starb er 1965 oder 1966? Es heißt, er sei im Krankenhaus Claude Bernard gestorben, und es wird erzählt, dass Philippe Foccart, der Berater für afrikanische Angelegenheiten von General Charles de Gaulle, Mbas Kabinettschef Bongo erst zum Vizepräsidenten und dann zu dessen Nachfolger gemacht habe. Bongo hatte seine Position also durch den Tod Mbas erlangt, über dessen Umstände niemand außer dem französischen Staat genau Bescheid weiß. Nach Bongos Tod 2009 und einer kurzen Interimszeit wurde dann dessen Sohn Ali Bongo neuer Präsident Gabuns – als wäre das Amt vererbbar.
Bei einer der letzten offiziellen Reisen, die Präsident Omar Bongo nach Frankreich unternahm, hatte ihn General Oligui als Adjutant begleitet. Als Bongo dann von Oligui gestürzt wurde, wusste dieser, was er zu tun hatte. Es gilt, ein Land wiederaufzurichten, dessen Ressourcen jahrzehntelang von denjenigen geplündert worden waren, die es eigentlich schützen sollten, nämlich seiner eigenen herrschenden Klasse.
Gabun stand im Zentrum des »längsten Korruptionsskandals Frankreichs«, wie François-Xavier Verschave, Gründer der antikolonialen Vereinigung Survie, es nannte, nämlich der »Françafrique«, jenes mafiösen Geflechts unter Aufsicht unter anderem des genannten Foccart. Der neue gabunische Präsident muss diese belastende Vergangenheit aufarbeiten und die Kooperation mit Paris unter verbesserten Voraussetzungen fortführen. Es geht dabei auch um die Zusammenarbeit zwischen der EU und Afrika. In Libreville ist man überzeugt, dass weder Russland noch China imstande sind, dem Kontinent Modernität und einen wirtschaftlichen Aufschwung zu bringen. Das Gabun von Brice Clotaire Oligui Nguema schielt immer noch in Richtung Marktwirtschaft beziehungsweise Kapitalismus nach westlicher beziehungsweise französischer Fasson.
Siehe auch
links & bündig gegen rechte Bünde
Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.
Ähnliche:
- Betiness Mackosso/AP/dpa01.09.2023
Ende der Herrlichkeit
- Stringer/REUTERS31.08.2023
Niger macht Schule
- Arlette Bashizi/REUTERS03.03.2023
Macron auf »PR-Reise«
Regio:
Mehr aus: Schwerpunkt
-
Koloniale Währung
vom 27.12.2024