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Aus: Ausgabe vom 30.12.2024, Seite 1 / Titel
Krieg gegen Gaza

Alles »Terroristen«

Gazastreifen: Nach Stürmung von Krankenhaus weitere Angriffe auf Kliniken. Freilassung von festgenommenem Direktor gefordert
Von Ina Sembdner
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Noch in Sicherheit: Die neunjährige Heba Muhanna wird im Al-Aksa-Krankenhaus in Deir Al-Balah behandelt (28.12.2024)

Die eindringlichen Appelle werden wieder ohne Reaktion der Kriegsunterstützer Israels verhallen: Nach der Stürmung des letzten größeren, noch funktionsfähigen Krankenhauses im Norden des Gazastreifens forderte die Weltgesundheitsorganisation noch am Freitag: »Dieser Horror muss ein Ende haben.« Die systematische Demontage des Gesundheitssystems »ist ein Todesurteil für Zehntausende von Palästinensern, die eine medizinische Versorgung benötigen« – so wie das neunjährige Mädchen auf dem Foto, das bereits ihren Vater und fünf Onkel sowie ihr Bein bei israelischen Luftangriffen verloren hat. Und sie ist nur eine von vielen. In der palästinensischen Enklave gibt es weltweit pro Kopf die höchste Zahl an Kindern mit Amputationen, »viele verlieren Gliedmaßen und werden ohne Betäubung operiert«, prangerte UN-Generalsekretär António Guterres bereits Anfang Dezember an.

Und Israel griff am Wochenende nach der Stürmung und mutmaßlichen Brandlegung im Kamal-Adwan-Hospital weitere Krankenhäuser an. Am Sonntag meldete der palästinensische Zivilschutz, dass sieben Menschen bei einem Angriff auf das Obergeschoss des Al-Wafa-Krankenhauses im ­Zentrum von Gaza-Stadt getötet und weitere schwer verletzt worden seien. Die Gesundheitsbehörde meldete, eine israelische Panzergranate habe das obere Stockwerk des Al-Ahli-Krankenhauses in Gaza-Stadt in der Nähe der Röntgenabteilung getroffen. Vom israelischen Militär hieß es standardgemäß, der Angriff auf das Al-Wafa-Krankenhaus habe Mitgliedern der »Luftverteidigungseinheit« der Hamas gegolten, die von dem Gelände aus operierten.

Tatsächlich gilt dies jedoch für das außer Funktion gebombte und schon zuvor zwangsgeräumte Indonesische Krankenhaus, in das einige der Patienten des Kamal-Adwan-Hospitals »evakuiert« wurden. Medizinisches Personal sei daran gehindert worden, sie dorthin zu begleiten, so das Gesundheitsministerium. Direktor Hussam Abu Safia hatte sich bis zuletzt geweigert, sein Krankenhaus zu verlassen. Am Sonnabend teilte das Militär mit, dass Abu Safia wegen des Verdachts, ein »Hamas-Terrorist« zu sein, zum Verhör festgehalten werde. Ein online zirkulierendes Foto soll den Mediziner, der sich unter den Angriffen Israels zuletzt immer wieder auch an die Öffentlichkeit wandte, zeigen, wie er sich zwischen Trümmern in Richtung israelischer Panzer bewegt. Insgesamt sollen mehr als 240 Personen unter der Behauptung Terroristen zu sein, auf dem Gelände des Krankenhauses festgenommen worden sein. Das palästinensische Gesundheitsministerium forderte am Sonntag die sofortige Freilassung Abu Safias sowie eine dringende Intervention, um die Freilassung anderer in israelischen Gefängnissen inhaftierter medizinischer Mitarbeiter zu erreichen. Auch aus Ägypten wurden »die anhaltenden brutalen und systematischen Angriffe der israelischen Besatzung auf die Gesundheitsinfrastruktur des Gazastreifens, einschließlich der jüngsten Angriffe auf das Kamal-Adwan-Krankenhaus«, scharf verurteilt.

Ungeachtet dessen forderte das israelische Militär am Sonntag die verbliebenen Einwohner der Stadt Beit Hanun zum Verlassen auf, was nach Angaben von Reuters eine neue Welle der Vertreibung auslöste. Vom Rettungsdienst hieß es, man habe die Kommunikation mit den noch in der Stadt eingeschlossenen Menschen verloren und könne wegen der Razzia keine Teams in das Gebiet schicken. Sichere Orte gibt es in der Enklave ohnehin nicht mehr.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Joachim S. aus Berlin (30. Dezember 2024 um 09:17 Uhr)
    Dass sich niemand in Israel oder in Deutschland erinnern mag, wie nahe die Bilder aus Gaza 2024 bei denen vom Warschauer Ghetto von 1943 liegen, ist erbärmlich. Aber man hat ja vorgesorgt: 1943 war einzigartig und beispiellos. Vergleiche sind deshalb verboten. Die israelische Regierung ist deshalb bei ihrem Völkermord fein raus. Vorläufig. Denn die wirklich gültigen Urteile spricht erst die Geschichte. Es schmerzt, dem allen zusehen zu müssen, ohne etwas Wirksames tun zu können. So muss auch den Menschen zumute gewesen sein, die 1943 vom Elend in Warschau wussten und ihm nur hilflos zuschauen konnten.

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