Todesfalle Gaza
Von Arnold SchölzelDie Fakten, die den Vorwurf stützen, Israel führe einen genozidalen Krieg in Gaza, verdichten sich. Am 31. Dezember veröffentlichte das UN-Büro des Hochkommissars für Menschenrechte (OHCHR) in Genf einen 23seitigen detaillierten Bericht über Angriffe der israelischen Streitkräfte auf Krankenhäuser in Gaza. Demnach könnten diese Attacken Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschheit darstellen. Sie hätten das Gesundheitssystem des palästinensischen Gebiets »an den Rand des völligen Zusammenbruchs« gebracht.
Volker Türk, UN-Hochkommissar für Menschenrechte, forderte eine unabhängige gründliche Untersuchung. Der Österreicher erklärte: »Als ob die unerbittlichen Bombenangriffe und die katastrophale humanitäre Lage im Gazastreifen nicht genug wären, wurde der einzige Zufluchtsort, in dem sich die Palästinenser sicher fühlen sollten, zu einer Todesfalle.«
Laut dem Bericht wurden demnach in der Zeit zwischen 7. Oktober 2023 und 30. Juni 2024 mindestens 27 von 38 Kliniken und zwölf weitere medizinische Einrichtungen bei 136 Angriffen getroffen. Nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums habe sich die Zahl der Krankenhausbetten in Gaza um 80 Prozent verringert, etwa 500 Angehörige des medizinischen Personals seien getötet worden. Dieses Ausmaß sei eine direkte Folge der Missachtung internationaler Rechtsstandards. Hinzu komme die willkürliche Blockierung der Lieferung von Nahrungsmitteln, Medikamenten und anderen lebenswichtigen Gütern an die Zivilbevölkerung.
Im Bericht heißt es, Israel habe solche Einsätze meist damit begründet, dass Krankenhäuser von der Hamas für militärische Zwecke genutzt worden seien. Dafür seien bislang jedoch keine stichhaltigen Beweise vorgelegt worden. Gezielte Angriffe auf nicht militärisch genutzte Kliniken und unverhältnismäßige Angriffe auf Zivilisten seien aber Kriegsverbrechen. Falls dies Teil einer großangelegten, systematischen Attacke gegen die Zivilbevölkerung sei, könnte es als Verbrechen gegen die Menschheit gewertet werden.
Am Montag hatte bereits das Internationale Komitee vom Roten Kreuz erklärt, dass die Gesundheitsversorgung im Norden des Gazastreifens durch die israelische Armee »vernichtet« worden sei. Die Krankenhäuser seien nicht mehr einsatzfähig.
Israel hatte zuletzt am vergangenen Freitag und Sonnabend Angriffe auf das Kamal-Adwan-Krankenhaus im Norden des Gazastreifens gestartet. Das letzte arbeitende Krankenhaus in dem Gebiet ist nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation seither nicht mehr funktionsfähig. Die israelische Armee behauptete erneut, dort hätten sich »Terroristen« versteckt.
Bei israelischen Luftangriffen am Neujahrstag auf das Flüchtlingslager Al-Bureidsch und die Stadt Dschabalija kamen nach Angaben der palästinensischen Nachrichtenagentur WAFA mindestens 17 Menschen ums Leben. Die Hamas bekannte sich zum Abschuss von zwei Raketen auf Israel in der Neujahrsnacht. Verletzte gab es dabei nicht. WAFA teilte außerdem mit, seit Beginn des Krieges seien in Gaza 45.553 Tote und 108.375 Verletzte gezählt worden. Bereits am Dienstag hatten die palästinensischen Behörden mitgeteilt, dass Israel seit dem 7. Oktober 2023 rund 25.000 Palästinenser, darunter viele Jugendliche und mehr als 1.000 Kinder, inhaftiert habe. 2024 seien 54 Gefangene in der Haft gestorben – die bisher höchste Zahl in einem Jahr seit dem Beginn der Besatzung 1967.
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