Aussichten extrem bis tödlich
Von Wolfgang PomrehnDie Wetterdienste und Klimawissenschaften legen alarmierende Bilanzen vor. Deutschland hat, wie zum Jahresende gemeldet, das dritte Jahr in Folge mit einem neuen Temperaturrekord erlebt und global war 2024 das erste Kalenderjahr, das um mehr als 1,5 Grad Celsius über dem Niveau der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts lag. Zu jener Zeit steckte die Industrialisierung noch in den Kinderschuhen und in der Atmosphäre hatten sich noch keine zusätzlichen Treibhausgase in nennenswertem Ausmaß angesammelt. Um wie viel genau es 2024 wärmer war, wird in den kommenden Tagen von verschiedenen wissenschaftlichen Gruppen und Instituten veröffentlicht.
»Wir haben ein Jahrzehnt tödlicher Hitze hinter uns«, stellte UN-Generalsekretär António Guterres in seiner Neujahrsansprache fest. Guterres weiter: »Die letzten zehn Jahre waren die heißesten seit dem Beginn der Aufzeichnungen. Das Klima bricht vor unseren Augen zusammen.« Und weiter: »Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren. 2025 müssen die Länder die Welt auf einen sichereren Pfad bringen, indem sie die Emissionen drastisch senken und den Übergang zu einer erneuerbaren Zukunft unterstützen.«
Auch die neue Generalsekretärin der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) in Genf, Celeste Saulo, mahnt schnelles Handeln an. Saulo: 2024 »sah Rekordniederschläge und Überschwemmungen und einen schrecklichen Verlust an Menschenleben in so vielen Ländern. Intensive Hitzewellen haben Dutzende Länder verbrannt, wobei die Temperaturen mehrfach 50 Grad Celsius überstiegen«. Saulos Organisation hatte im Herbst anlässlich der UN-Klimakonferenz in Baku festgestellt, dass Hitzewellen mit Abstand zu den tödlichsten Formen extremer Wetterereignisse zählen. Die WMO ist der Dachverband der nationalen Wetterdienste und gehört zu den ältesten UN-Organisationen.
Lange haben Klimaforscher über einzelne extreme Wetterereignisse regelmäßig gesagt, dass nicht ohne weiteres ein direkter Zusammenhang mit dem Klimawandel herzustellen sei. Inzwischen ist mit größeren Computern ein Nachweis gegebenenfalls möglich. In der sogenannten Attributions- oder Zuordnungsforschung werden Statistiken für das Wetter in einem Umfeld ohne die von Menschen erzeugten Treibhausgase erstellt. Damit kann dann für ein fragliches Ereignis festgestellt werden, um wieviel wahrscheinlicher es durch den Klimawandel wurde.
Die Plattform World Weather Attribution, ein internationales Netzwerk, das mit dieser Methode arbeitet, hat nun erstmalig einen Jahresbericht vorgelegt. Von den 219 Ereignissen, die 2024 ihre Kriterien von Extremwetter erfüllten, wurden 29 untersucht. Von diesen ließ sich bei 26 eine Intensivierung durch den Klimawandel feststellen. 3.600 Menschen sind in diesen Klimakatastrophen ums Leben gekommen und Hunderttausende obdachlos geworden. Die Autoren des Berichts gehen allerdings davon aus, dass die reale Zahl der Klimaopfer 2024 erheblich höher war, da nur ein Bruchteil der Fälle untersucht wurde. Als Schlussfolgerung aus den Ergebnissen fordert der Bericht einen schnelleren Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen und verbesserte Frühwarnsysteme. Insbesondere über die Gefahren großer Hitze müsse besser aufgeklärt und über die Opfer sofort berichtet werden.
Unterdessen vermeldet der Gesamtverband der deutschen Versicherer (GDV), dass extreme Wetterereignisse 2024 in Deutschland versicherte Schäden in Höhe von 5,5 Milliarden Euro angerichtet haben. Das seien zwar 100 Millionen weniger als im Vorjahr, doch weiter ein sehr hohes Niveau. Das teuerste Einzelereignis war demnach das Junihochwasser in Bayern und Baden-Württemberg, für das die Versicherer rund zwei Milliarden Euro auszahlen müssen. Der Gesamtschaden ist allerdings deutlich höher. Unter anderem ist die öffentliche Infrastruktur wie Straßen, Schienen, Gebäude und anderes in der Regel nicht versichert. Der GDV fordert mehr Vorbeugung und Anpassung an den Klimawandel. Andernfalls wären die Risiken nicht mehr zu versichern.
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