»Europäische Giganten«
Von Niki UhlmannDer italienische Rüstungskonzern Leonardo zählt zu den treibenden Kräften der Militarisierung der EU-Staaten und mit über 50.000 Mitarbeitern zu den größten Waffenschmieden der Welt. In Europa belegt er mit seinem Umsatz von 15 Milliarden Euro sogar Platz drei hinter BAE Systems und Airbus Defence and Space. Und Leonardo-Chef Roberto Cingolani lotet noch weitere Wachstumsmöglichkeiten aus. In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung (SZ) forderte er am Mittwoch, »europäische Rüstungskolosse« zu schaffen.
Zuerst müssten EU-Mitgliedstaaten einsehen, »dass ihre Interessen in der Welt nur europäisch vertreten werden können, nicht national«. Statt »Finanzierung durch nationale Haushalte« brauche es »einen europäischen Fonds« für Militarisierung. Widersprüchliche Standortinteressen müssten zugunsten eines »großen Konsens« zurückgestellt werden. Den Weg sollen innereuropäische Rüstungskooperationen wie jene zwischen Rheinmetall und Leonardo ebnen. Würde das Kriegführen effizienter, das heißt, würde »Geld gespart«, zögen die Regierungen bald nach. »Wir brauchen da schon auch die Politik«, so Cingolani. Im Klartext: Wie militarisiert werde, sollten private Waffenschmieden entscheiden, die Politik werde dann für den administrativen Rattenschwanz zuständig sein. Einen Vorteil hätte das: Eine effizient geplante Kriegswirtschaft brauche »vielleicht nicht einmal zwei Prozent« des Haushalts aller Volkswirtschaften. Leonardo wolle »Allianzen« vorantreiben. Cingolanis Vorbild seien die USA. Die entsprechen seinem Politikideal, insofern dort ein mächtiger militärisch-industrieller Komplex mitregiert. Trumps angekündigter Rückzug aus Europa gebiete, nun durch Fusionen vergleichbare »europäische Giganten« zu schaffen, die »weit über den Ukraine-Krieg hinaus« sogenannte Sicherheitsprobleme bearbeiten. Leonardo wäre dabei voraussichtlich »immer unter den ersten fünf«. Auf seiner Webseite rühmt der Konzern sich, mit dem Programm zur Weltraumüberwachung und jenem zur Drohnennabwehr »zwei der wichtigsten EU-Initiativen« anzuführen. Diesen industriellen wie politischen Vorsprung will Cingolani offenbar weiter ausbauen.
Seine Wahl der SZ als mediales Sprachrohr dürfte dabei kein Zufall sein. Sie erscheint in München, wo im Februar auch die 61. Münchner Sicherheitskonferenz stattfinden wird. Letztere teilte auf Anfrage der jW mit, dass das Programm noch in Arbeit sei und erst kurz vor der Tagung veröffentlicht würde. Die Zukunft der EU-Militarisierung wird aber mit Sicherheit eine entscheidende Rolle spielen. Die SZ flankiert die Konferenz im Regelfall mit einem Beileger. Ihre Redakteure haben bereits Diskussionsrunden moderiert. Cingolani gibt die Stichworte – und findet Gehör.
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