Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
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Aus: Ausgabe vom 06.01.2025, Seite 14 / Leserbriefe

Aus Leserbriefen an die Redaktion

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»Nur May und Hegel«

Zu jW vom 28./29.12.: »Appetit auf Würstchen«

(…) (Fast) stets bleiben linke Autoren bei der (spieß-)bürgerlichen Betrachtung Karl Mays stehen, ergänzen sie bestenfalls um Nuancen, bleiben aber dem Klischee vom Kolportageautor, Lügner und Knastinsassen verhaftet. Manchmal kommt noch böser Nationalist und Rassist hinzu. Wobei das Gegenteil richtig ist. Andere halten May für einen großen Stilisten und einen der großartigsten Autoren deutscher Sprache, für einen eher mit proletarischem Stallgeruch. Ein Volksschriftsteller eben, ein fortschrittlicher Humanist zudem. Da hilft es offensichtlich auch nichts, dass ganze Bataillone fortschrittlicher Kulturschaffender (u. a.) Karl May ganz anders beurteilen: Bloch, Liebknecht, Mann, Zuckmayer, Schweitzer, Brecht, Böll, Zwerenz, Kuczynski, Lukács …

Bloch: »Karl May ist einer der besten deutschen Erzähler, und er wäre vielleicht der beste schlechthin, wäre er eben kein armer, verwirrter Proletarier gewesen.« Auch Georg Heym schrieb: »Dass Karl May einige Jahre – hu, hu, als Schmuggler und Räuber gelebt habe –, eine Tatsache, die dem Dichter von vornherein das Wohlwollen eines anständigen Menschen sichert.« Literaturtipp zu May (für alle, die May interessant finden und nicht nur Klischees aus drittklassigen Quellen wiederholen möchten): »Der Mann, der Old Shatterhand war« von Christian Heermann, 1. Auflage, Berlin/DDR, 1988.

Stephan Krüger, Neumarkt in der Oberpfalz

»Verfolgung, Haft und Folter«

Zu jW vom 28./29.12.: »Chef der Verbrecherbande«

Dem sehr guten, lehrreichen Artikel fehlt leider jeder auch nur kleinste Hinweis auf die »strukturellen« Ähnlichkeiten zu dem – viel blutigeren – »Röhm-Putsch« in Deutschland, Hitlers klare Abkehr von den weitergehenden Forderungen der »radikalen Faschisten« in der SA, die von einer »zweiten nationalsozialistischen Revolution« faselten. »Legal« war im »Dritten Reich« des dauerhaften Ausnahmezustandes dann nicht einmal mehr die Form – und doch waren die Interessen der Konzernherren und Junker ebenso gut abgesichert wie im »Königreich Italien« unter dem »Duce«. Linke und Arbeiterorganisationen, selbst reformistische, hatten jedoch in beiden faschistischen Staaten nur Verfolgung, Haft, Folter und den Tod zu erwarten. Kommunisten und Klassenkämpfer, siehe die Schicksale Gramscis und Thälmanns, ohnehin.

Volker Wirth, Berlin

»›Radikalenerlass‹-Revival«

Zu jW vom 28./29.12.: »Neuwahl kann kommen«

Mit der »Vertrauensfrage« wurden längst fertige Wahlprogramme aus den Schubladen geholt. Manches der bis zu 60 Seiten wird kaum thematisiert, etwa diese frappierend gleichen Ankündigungen: »Feinde unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung sind schneller aus dem öffentlichen Dienst zu entfernen.« »Der Staat muss sicherstellen, dass Extremist*innen keine öffentlichen Ämter bekleiden.« »Verfassungsfeinde haben im öffentlichen Dienst keinen Platz.« Wer schreibt was? CDU, Bündnis 90/Die Grünen, SPD, in der Reihenfolge.

»Radikalenerlass«-Revival, Berufsverbote stehen heute ganz oben bei »innerer Sicherheit«. Grundrechte – von vorgestern. In Brandenburg gibt es schon einen »Verfassungstreuecheck« wie 1972 als Gesetz. Auch das Bundesdisziplinarrecht wurde verschärft: Entlassungen aus politischen Gründen sind inzwischen per bloßer »Disziplinarverfügung« möglich. Natürlich alles, um angeblich gegen extrem Rechte und Neonazis vorzugehen. Tatsächlich im Visier: wie schon vor 50 Jahren linke, fortschrittliche Menschen (damals 97 Prozent der Fälle). Die AfD weiß: »Die Bekämpfung des Linksextremismus wird staatlicherseits momentan sträflich vernachlässigt. Diesen Missstand wird die AfD beenden. (…) Die sogenannte Antifa ist als terroristische Vereinigung einzustufen.«

Aber wen interessiert’s? Damals Betroffenen stoßen die neuen »Radikalengesetze« auf. Während sie bis heute nicht rehabilitiert und entschädigt sind, ist die Zahl neuer Berufsverbote wegen bloßer Meinungsäußerungen gegen Kriege, Sozialabbau oder Klimazerstörung schon zweistellig, auch in Privatbetrieben.

Martin Hornung, Eppelheim

»Marktbeurteilung«

Zu jW vom 30.12.: »›Wir haben jetzt Kitkat‹«

Es freut mich sehr, von der wirklich erfahrenen Vorbildjournalistin Karin Leukefeld diesen Alltagseindruck und die Marktbeurteilung zu lesen. Gut, dass sie noch schreiben kann, und so können wir als jW-Leserinnen und -Leser ein ausgewogenes Bild erhalten, was in Syrien vorgeht. Mal sehen, ob die von der Türkei offenbar ferngelenkten Moslembrüder, die nun am Ruder zu sein scheinen, dieses Mal einen modernen, stabilen Staat errichten können. Natürlich steht er unter dem Stern des aufsteigenden neoosmanischen regionalen Imperiums. Das zeigt sich ja auch klar, welche Währung die Leute glauben, als hartes verlässlicheres Tauschmittel in mittlerer Zukunft verwenden zu können. Danke für diese wichtige »mikroökonomische« Beobachtung!

Franz Piribauer, Wien (Österreich)

»Wo käme man hin«

Zu jW vom 27.12.: »Streit um Staatsknete«

In Leipzig möchte man leben. Dort gibt es offenbar so wenig soziale Probleme und Ungerechtigkeiten, dass sich das BSW endlich um die ganz wichtigen Sachen kümmern kann: per Antrag die Förderung für drei soziokulturelle Zentren beenden. Richtig so! Wo käme man hin, wenn im »Werk 2« weiterhin »ideologisch verengte« Lithographieworkshops stattfinden (»Geätzt wird mit der in der Coca-Cola enthaltenen Phosphorsäure«), Kinder mit Kleisterfarbe hantieren, eigene Stempel schneiden oder an einer alten Radierpresse Fabelwesen ritzen.

Florian Osuch, Berlin

Damals Betroffenen stoßen die neuen ›Radikalengesetze‹ auf. Während sie bis heute nicht rehabilitiert und entschädigt sind, ist die Zahl neuer Berufsverbote schon zweistellig, auch in Privatbetrieben.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!