Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
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Aus: Ausgabe vom 06.01.2025, Seite 16 / Sport
Sportpolitik

Nicht die Bombe

Finanzielle Zwänge: Die Stiftung Deutsche Sporthilfe schichtet um
Von Andreas Müller
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Finanzhilfen als Balanceakt: 52. Ball des Sports der Stiftung Deutsche Sporthilfe (2023)

Vorüber die Zeiten, als die Stiftung Deutsche Sporthilfe selbstbewusst von sich behaupten konnte, ihr Etat komme hundertprozentig ohne staatliche Gelder aus. Inzwischen wird der jährliche Etat zu über einem Viertel aus öffentlichen Mitteln gespeist. Beim Förderkonzept mussten mit Beginn des neuen Jahres dennoch Einsparungen vorgenommen werden. Mit ihrem neuen »4-3-3-System« geht es der Stiftung nicht um Fußballtaktik, sondern sie reagiert auf finanzielle Zwänge. Ab sofort wird in vier Segmenten gefördert: Talent-, Potential- und Topteam bis hin zum Team der »Alumnis«, die ihre Karriere bereits beendet haben. Die jeweiligen Bezüge der Förderung setzen sich aus drei Summanden zusammen: Grundförderung, Individualbaustein und Erfolgsprämie. Die andere »3« steht für Förderbausteine wie finanzielle Unterstützung, Hilfe bei Ausbildung, Studium und Persönlichkeitsentwicklung sowie Sachleistungen und Serviceangebote von der Augen-OP bis zum Zeitungsabo. Wer sich wie in welchem Fördersegment wiederfindet, hängt wesentlich von den sportlichen Erfolgen der jeweils zurückliegenden vier Jahre ab.

Für den Nachwuchs

Niemand der bisher bedachten rund 4.000 Athletinnen und Athleten werde mit der Reform aus der Förderung fallen, unterstreicht die 1967 gegründete Stiftung mit Sitz in Frankfurt am Main. Ziel sei es vielmehr, mit den Änderungen ab 2025 die Förderkriterien über mehr als 50 olympische, nichtolympische und paralympische Sportarten hinweg anzugleichen. Sie gelten dann genauso beispielsweise für den Gehörlosensport. Vor allem soll die Zäsur bewirken, dass deutlich mehr Nachwuchstalente in den Genuss der Unterstützung kommen und darüber hinaus die Förderung im Sinne der »dualen Karriere«, also der Vereinbarkeit von Spitzensport und Ausbildung, möglichst optimal auf die jeweilige persönliche Situation zugeschnitten wird.

Damit die 2.300 besten Nachwuchshoffnungen als »Bundeskadereinsteiger« ab diesem Jahr monatlich mindestens 100 Euro und leistungsbezogen doppelt so viel erhalten können, musste die Stiftung schwer umschichten. Im Gegenzug müssen mindestens 1.200 Athleten im Potential- und Topteam, weil sie bei Bundeswehr, Zoll, der Bundespolizei oder den Sportgruppen einer Landespolizei angestellt sind, deutliche Kürzungen hinnehmen. Statt monatlich 700 Euro (im Potentialteam) bzw. 800 Euro (im Topteam) an Grundförderung stehen den Kaderathleten mit Förderstellen nur mehr 150 Euro bzw. 250 Euro im Monat zu. Dank Prämien oder Stipendien können es besonders erfolgreiche Akteure künftig auf maximal 1.400 Euro monatlich bringen, Inhaber von Planstellen bei Bundeswehr, Zoll, Bundes- oder Landespolizei auf knapp die Hälfte. Besser wird es für die rund 1.200 Mitglieder des Alumniteams. Für sie werden die Nachkarrierehilfen von drei auf fünf Jahre gestreckt, unter anderem die Stipendien von monatlich 500 Euro für frühere A-Kader zur beruflichen oder wissenschaftlichen Weiterbildung.

Niko Kappel, der bei den Paralympics in diesem Sommer in Paris Silber im Kugelstoßen gewann, begrüßt die Umverteilung. »Insbesondere im Nachwuchssport beginnt die Sporthilfe jetzt wieder mit einer besseren Förderung, das unterstütze ich aus voller Überzeugung.« Andere tun sich nicht so leicht mit den Kürzungen, obwohl die Reform in Workshops unter anderem mit den Athletenvertretern aus den Spitzenverbänden und Vertretern von »Athleten Deutschland« vorbereitet wurde. Laura Nolte, Bob-Olympiasiegerin 2022 in Beijing, meint: »Als finanziell abgesicherte Sportsoldatin bin ich bereit, einen Beitrag zugunsten der Sporthilfeförderung zu leisten. Natürlich wäre es am besten, wenn keine Athletengruppe Abstriche machen müsste. Aber die bessere Unterstützung des Nachwuchses über alle Sportarten hinweg ist mir und vielen anderen Athleten und Athletinnen ein wichtiges Anliegen.« Noch deutlicher formuliert der viermalige Kanu-Olympiasieger und Bundespolizist Max Rendschmidt: »Für uns Topsportler ist es natürlich nicht die Bombe, dass uns Gelder gestrichen werden.« Gerade für jene, die ohne private Sponsoren dastehen, sei diese Kürzung ein Rückschlag. »Besser wäre es, wenn niemand Abstriche hinnehmen müsste.«

Eine Lücke

Für diesen Königsweg fehlt der Sporthilfe das Geld. Fast 50 Jahre lang hielt sich die Stiftung zugute und hatte regelrecht darauf bestanden, sich ausschließlich aus privaten Quellen zu finanzieren. Seit der Bund ihr 2018 erstmalig mit 3,5 Millionen Euro zur Seite sprang, ist dieser Anspruch passé. Selbst runde zwei Millionen Euro vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) werden inzwischen per anno dankend angenommen. Trotz der öffentlichen Zuschüsse müssen ab nächstem Jahr mindestens 1.200 Athleten mit Kürzungen leben, wenngleich die Förderung heute weitaus mehr umfasst als monatliche Zahlungen und dank zusätzlicher Sachleistungen weitaus großzügiger angelegt ist als in den Dekaden nach der Gründung der Sporthilfe am 29. Juli 1967.

Die Zeiten, als sich die Stiftung ausschließlich durch die Kuratoren (aktuell zirka 300, von denen jeder mit 7.500 Euro pro Jahr dabei ist), Spenden aus der Wirtschaft, Erlöse aus Lottomitteln oder dem »Ball des Sports« und den Verkauf von Sportbriefmarken finanzierte, gehören der Vergangenheit an. Vor drei Jahren gab es aus dem Bundesinnenministerium (BMI) die Rekordüberweisung von 7,8 Millionen Euro. Im vorigen Jahr, bei einem von der Stiftung selbst erklärten Förderbudget von insgesamt 23 Millionen Euro, trug der Steuerzahler 7,2 Millionen Euro bei. Hinzu kommen seit 2020 jährliche Zahlungen aus dem BMI zur Altersvorsorge für Spitzenathleten. Offen bekennt die Stiftung auf ihrer Website, dass öffentliche Mittel in ihrem Haushalt bereits 28 Prozent ausmachen – so viel wie durch sämtliche »Events und Benefizprogramme« eingespielt werden.

2021, dem Jahr der bislang letzten offiziellen Einnahmen-Ausgaben-Statistik, standen Erträgen von insgesamt 32 Millionen Euro satte Abzüge gegenüber: Vornehmlich Aufwendungen in Höhe von 6,3 Millionen Euro für die Akquise von Sponsoren, Aktionen, Kooperationen und Partnerschaften. Mit 2,8 Millionen schlugen dann Personal- und Bürokosten zu Buche. Hinzu kamen rund 300.000 Euro für Steuern. Macht insgesamt 9,4 Millionen Euro. Werden noch die erwähnten 7,8 Millionen Euro BMI-Hilfe und eine Finanzspritze von fast zwei Millionen Euro vom Deutschen Olympischen Sportbund abgerechnet, hat das selbst erwirtschaftete Förderbudget 2022 real bei gerade mal 12,8 Millionen Euro gelegen.

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