Mehr Speicher braucht das Land
Von Wolfgang Pomrehn
Mit dem zunehmenden Ausbau von Solar- und Windenergienutzung wird auch der Aufbau neuer Speichermöglichkeiten wichtiger. Traditionell wird in Deutschland Strom mit Pumpspeicherwerken sozusagen zwischengelagert. Wenn mehr Strom zur Verfügung steht als aktuell benötigt, wird der Überschuss genutzt, um Wasser in ein höher gelegenes Reservoir zu pumpen. Bei Bedarf wird das Wasser dann abgelassen, eine Turbine angetrieben und Strom erzeugt. Der Wirkungsgrad liegt bei 70 bis 80 Prozent.
In Deutschland gibt es derzeit derartige Speicher mit einer Leistung von 9,9 Gigawatt. Damit lässt sich an besonders verbrauchsstarken Tagen rechnerisch für rund fünf Stunden ein bisschen mehr als zehn Prozent des Bedarfs abdecken. Dunkelflauten können allerdings mehrere Tage anhalten, die Speicher sind also bei weitem nicht ausreichend. Auch nicht, wenn noch die erheblichen Kapazitäten in Österreich mit eingerechnet werden. Das zeichnet sich allerdings schon seit mindestens 20 Jahren ab. Trotzdem liegen mehrere Dutzend entsprechender Projekte für neue Pumpspeicher auf Eis.
Eine andere Möglichkeit, Strom zu speichern, sind Druckluftspeicher. Diese funktionieren, indem Luft unter hohem Druck in einen großen Hohlraum gepresst wird. Meist handelt es sich dabei um Kavernen in Salzstöcken, von denen es in Norddeutschland reichlich gibt. Bei Bedarf wird die Luft abgelassen und mit ihr eine Turbine angetrieben, wofür sie allerdings erwärmt werden muss. Der Wirkungsgrad solcher Anlagen ist deutlich schlechter und hängt im einzelnen vom Management der beim Verpressen anfallenden sowie der beim Ablassen benötigten Wärmeenergie ab. Viele Jahre gab es weltweit nur zwei derartige Anlagen, eine in Niedersachsen und eine im US-Bundesstaat Texas. Zwischenzeitlich hat China allerdings weitere errichtet und Mitte Dezember in der Provinz Jiangsu mit dem Bau einer weiteren derartigen Anlage begonnen. Mit 700 Megawatt soll sie die weltweit größte ihrer Art werden.
Im Augenblick sieht es aber eher danach aus, als ob Akkus in Deutschland zum dominierenden Speichermedium werden. Ende 2024 gab es nach Angaben des »Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme« im deutschen Netz bereits entsprechende Speicherkapazitäten von knapp 18 Gigawattstunden, was in etwa der Hälfte der Kapazitäten der Pumpspeicherwerke entsprach. Die Entwicklung in diesem Segment verläuft aufgrund der sinkenden Preise überaus stürmisch. Gegenüber dem Vorjahr haben die Kapazitäten um rund 40 Prozent zugelegt. Die Anlagen werden sowohl von Netzbetreibern als Großspeicher als auch von Privathaushalten zur Ergänzung der Solaranlagen angeschafft. Letztere haben allerdings noch den Nachteil, dass sie bisher nicht für die Netzsicherheit und damit für die allgemeine Versorgung zur Verfügung stehen. Technisch wäre dies möglich, doch bisher fehlt es an Eingriffsmöglichkeiten und Anreizsystemen. Weil die Anlagen verbrauchernah installiert sind, könnten mit ihnen die übergeordneten Netze und damit im Prinzip auch die Geldbeutel der Haushalte entlastet werden.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Gabriel T. aus Berlin (8. Januar 2025 um 08:27 Uhr)(…) ad1. Pumpspeicherkraftwerke sind technologisch immer noch das Sinnvollste. Für BRD vor allem das Problem der geografisch zu geringen Höhenunterschiede. Aber natürlich ließe sich Österreich weiter ausbauen. Dabei allerdings das Problem des Netzausbaus. Dass sich Süddeutsche Landesregierungen gegen HGÜ wehren, hat primär etwas mit der seinerzeitigen Privatisierung der Stromversorgung und damit kapitalistischer Konkurrenz zu tun. ad 2. Druckluftspeicher sind extrem ineffizient, die Chinesen rechnen mit etwa 53% und das ist das modernste. ad3. Akkus, sehr proprietäre Lösung wurde seinerzeit im Berliner Inselnetz verwendet, ob des hohen Wartungsaufwands mittlerweile eingestampft. Dazu zu bedenken: Etwa 85% der Stromproduktion ist Industriestrom die zur Zeit betriebene Propaganda dieser für Haushaltsstrom baut auf einer Individualisierung der Versorgung, welche ebenso wie im Transportbereich einen Rückschritt darstellt, die zwar kapitalistisch mehr Profit verspricht, aber wesentlich höhere gesellschaftliche Kosten verursacht.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (8. Januar 2025 um 00:04 Uhr)»Letztere haben allerdings noch den Nachteil, dass sie bisher nicht für die Netzsicherheit und damit für die allgemeine Versorgung zur Verfügung stehen.«: »Letztere« müssen enweder »netzdienlich« sein oder eine bestimmte Maximallspeiseleistung (»Balkonkraftwerke«) nicht überschreiten. Netzdienlich heißt in der Regel, dass der Netzbetreiber die Einspeisung abschaltet. Zum Thema der zwangsweisen Netzkopplung (ich müsste einen 100-Wattstundenakku meinem Netzbetreiber melden) möchte ich mich wegen der zu erwartenden Reaktionen der Analphobiker lieber nicht weiter äußern. Zur Zeit gibt es die Debatte, für kleine Erzeuger (z. B. PV auf dem Einfamilienhaus) keine Einspeisevergütung mehr zu bezahlen. In den Monaten Mai bis August wird zehnmal soviel PV-Energie erzeugt wie von November bis Februar. Damit relativiert sich auch der Begriff der »Dunkelflaute« sehr stark. Besser sollte man von der dunklen Jahreszeit reden, jedenfalls im Zusammenhang mit Fotovoltaik. Außerdem wird den nichtelektrischen Speichern viel zu wenig Bedeutung beigemessen. Gerade für Heizungszwecke könnte damit sehr viel bewirkt werden und der Stromwahn in Grenzen gehalten werden.
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