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Aus: Ausgabe vom 08.01.2025, Seite 4 / Inland
Tod in Polizeigewahrsam

Tödliches Revier

Fall Oury Jalloh: Demo in Dessau zum 20. Todestag. Linkspartei fordert Untersuchungsausschuss
Von Kristian Stemmler
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Demonstranten am Dienstag in Dessau

Am Dienstag schallte der Ausruf »Oury Jalloh – Das war Mord!« einmal mehr laut durch die Straßen von Dessau. Rund tausend Menschen hatten sich versammelt, um an den Mann zu erinnern, der vor genau 20 Jahren, am 7. Januar 2005, in einer Gewahrsamszelle des Dessauer Polizeireviers verbrannte – festgekettet an Händen und Füßen auf einer schwer entflammbaren Matratze. Viele sehen es als erwiesen an, dass der aus Sierra Leone geflüchtete Jalloh von Beamten des Reviers getötet wurde. »Diese Demo ist ein starkes Signal«, erklärte eine Sprecherin der »Initiative im Gedenken an Oury Jalloh« gegenüber jW. Die Kundgebung werde wie jedes Jahr wieder vor dem Revier enden.

In einer Mitteilung der Initiative hieß es am Dienstag, der Fall sei zwar »juristisch abgeschlossen«. Die Fakten, die von der Initiative mit Hilfe von Experten zutage gefördert wurden, sprächen aber eine andere Sprache: Es sei »ein Mord gewesen, der kein Mord sein darf«. In Jallohs Zelle war ein Feuer ausgebrochen, dem er zum Opfer fiel. Laut offizieller Darstellung soll es dem stark alkoholisierten und gefesselten Mann gelungen sein, mit einem bei seiner Durchsuchung übersehenen Feuerzeug die Matratze in Brand zu setzen. Untersuchungen legten später aber nahe, dass Jalloh vor seinem Tod misshandelt wurde und es kaum möglich war, dass sich das Feuer ohne Brandbeschleuniger so schnell hätte ausbreiten können.

Vor dem Landgericht Magdeburg räumte ein Dienstgruppenleiter des Reviers ein, trotz mehrfachen Alarms nicht an einen Brand in der Zelle gedacht und mindestens einmal den Alarm ausgestellt zu haben. Dafür wurde er im Dezember 2012 zu einer Geldstrafe verurteilt. Trotz aller Bemühungen vor allem der »Initiative in Gedenken an Oury Jalloh«, neue Belege für einen Mord beizubringen, stellte die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen im Herbst 2017 ein. Eine Eingabe beim Bundesverfassungsgericht Anfang 2023 blieb erfolglos.

Eine Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, die von der Initiative im Namen von Saliou Diallo, dem Bruder von Oury Jalloh, eingereicht worden war, wurde wegen Nichteinhaltung einer Frist abgelehnt. Die Initiative setzt jetzt auf neue Ermittlungen in den Fällen Hans-Jürgen Rose und Mario Bichtemann. Rose war im Dezember 1997 nach einem Aufenthalt im Revier Dessau an den Folgen schwerer körperlicher Misshandlungen gestorben. Der Obdachlose Bichtemann wurde in eine Zelle des Reviers gesperrt und dort später mit einem Schädelbasisbruch tot aufgefunden.

Nachdem das Recherche-Zentrum e. V., das den gesamten Oury-Jalloh-Komplex untersucht, Beweise für die Manipulation der Ermittlungsakte im Fall Rose vorgelegt hatte, erstattete dessen Familie Anzeige wegen Mordes gegen vier Beamte des Reviers. »Die Arbeit an der Aufklärung der Todesfälle von Hans-Jürgen Rose und Mario Bichtemann wird weitere Beweise an die Öffentlichkeit bringen«, ist sich die Initiative sicher. Und auch im Fall Oury Jalloh müssten die Ermittlungen wieder aufgenommen werden, sobald es neue Beweise gebe. Die Landesvorsitzenden der Linkspartei, Janina Böttger und Hendrik Lange, forderten zum Jahrestag erneut einen Untersuchungsausschuss im Landtag. »Die Ungereimtheiten zum Tod von Oury Jalloh bleiben enorm«, so Böttger und Lange.

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