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Aus: Ausgabe vom 08.01.2025, Seite 7 / Ausland
Frankreich

Riesiger Geldschrank

Frankreich: Expräsident Sarkozy wegen Millionenspende aus Libyen für Wahlkampf 2007 vor Gericht
Von Hansgeorg Hermann
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Die Beteiligung am Sturz Ghaddafis schützt Sarkozy nicht vor Strafverfolgung (Paris, 6.1.2025)

Hat der ehemalige libysche Staatschef Muammar Al-Ghaddafi 2007 dem damaligen französischen Präsidentschaftskandidaten Nicolas Sarkozy mit bis zu 50 Millionen Euro den Wahlkampf finanziert? Seit Montag steht Sarkozy zum dritten Mal innerhalb weniger Monate vor Gericht, diesmal nach mehr als zehn Jahre dauernden Ermittlungen angeklagt wegen mutmaßlicher »Korruption, Bildung einer kriminellen Vereinigung, Veruntreuung öffentlicher (libyscher) Mittel und illegaler Finanzierung einer Wahlkampagne«. Der im Juni 2007 tatsächlich zum französischen Präsidenten gewählte und bis 2012 regierende, seinerzeit auch unumstrittene Anführer der bürgerlichen Rechten wurde erst vor drei Wochen ebenfalls wegen »Korruption« in einem anderen politkriminellen Fall zu drei Jahren Gefängnis – zwei auf Bewährung, ein Jahr mit elektronischer Fußfessel – verurteilt. In der aktuellen Libyen-Affäre drohen ihm bis zu zehn Jahre Haft.

Der frühere Präsident, der seit Jahren die französische Strafjustiz quasi im Stundentakt beschäftigt und in der Öffentlichkeit wie der tragische Held einer mittelmäßigen TV-Krimiserie aufzutreten pflegt – »Ich bin der am meisten zu Unrecht verfolgte Bürger des Landes« –, sitzt nicht alleine auf der Anklagebank. Insgesamt 13 Männer werden beschuldigt, in der Sache Ghaddafi gleich mehrere Gesetze gebrochen zu haben. Alle waren sie ehemalige Gefährten und treue Zuarbeiter ihres Chefs, unter ihnen die ehemaligen Innenminister Brice Hortefeux und Claude Guéant sowie der zeitweilige Budget- und Arbeitsminister Éric Woerth. Sarkozys Ministerpräsident François Fillon kassierte bereits im Mai 2022 in zweiter Instanz vier Jahre Haft – drei auf Bewährung – wegen Veruntreuung öffentlicher Mittel und illegaler Vorteilnahme: Der ehemals stets Moral predigende bekennende Katholik bezahlte sich nicht einmal seine Hosen selbst.

Seine bisweilen erstaunlich engen Beziehungen zum libyschen »Revolutionsführer« pflegte ihr Hauptangeklagter Sarkozy nach Angaben der Ermittler bereits seit 2005, zu der Zeit Innenminister unter dem Präsidenten Jacques Chirac. Seinen damaligen Kabinettschef Guéant, wahlweise auch den Jugendfreund Hortefeux, schickte er nach Angaben der Ankläger zu streng vertraulichen Gesprächen mit Ghaddafis Geheimdienstleiter und Schwager Abdallah Senoussi. Organisiert hätten die politisch-ökonomische Geschäftsreise demnach der seinerzeit offenbar vor allem in der Waffenschieberszene bekannte professionelle libanesische Vermittler Ziad Takieddine sowie der ebenfalls als Dunkelmann des Waffenhandels charakterisierte Frankoalgerier Alexandre Djouhri. Am Treffpunkt Tripolis seien Vereinbarungen zum beiderseitigen Vorteil getroffen worden: Geld, viel Geld für »Sarkos« Kandidaturkampagne 2007 gegen politisch-diplomatische Unterstützung für den bis dahin von der atlantischen Wertegemeinschaft als Paria geächteten Libyer Ghaddafi.

Versprechen, die nach Überzeugung der Untersuchungsrichter zunächst von beiden Seiten eingehalten wurden. Dokumente hätten beispielsweise belegt, dass unter anderem über eine Bank auf den Bahamas eine knappe halbe Million Euro auf das Konto des Sarkozy-Vertrauten Thierry Gaubert – auch er steht unter Anklage – überwiesen wurde. Im Dezember 2007, nur sechs Monate nach Sarkozys Wahl zum Staatschef, habe Ghaddafi dann seine Beduinenzelte für fünf Tage im Park des Präsidentenpalastes Élysée aufgeschlagen und sei mit großem Pomp vom Gastgeber empfangen worden. Im März 2011 bombardierte Frankreich allerdings im Verein mit den USA und Großbritannien Ghaddafis Reich in Grund und Boden. Der »Revolutionsführer« selbst wurde am 20. Oktober auf der Flucht nahe der Hafenstadt Syrte von sogenannten Rebellen ermordet.

Von dessen vermutlicher Wahlkampfspende hätten bisher rund 6,5 Millionen Euro zugeordnet werden können, die – vornehmlich als Bargeld in Koffern nach Paris gebracht – wohl in Sarkozys Wahlkampfkasse gelandet seien. Realsatirisches Detail: Verblüfft hätten die Ermittler einen »enormen Banktresor« entdeckt, den Sarkozys Handlanger Guéant just zu Beginn der Wahlkampagne eröffnet habe – angeblich zur sicheren Aufbewahrung der zündenden Wahlkampfreden seines Meisters.

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