Solidarität zuerst
Von Arnold SchölzelWinter in Berlin-Reinickendorf, im Industriegebiet am S-Bahnhof Wilhelmsruh drängen sich am Samstagvormittag Besucher der Rosa-Luxemburg-Konferenz vor einer um 1900 erbauten Eisengießerei, heute Wilhelm-Studios. Am Abend werden an die 3.000 Gäste gezählt, etwa zur Hälfte junge Leute. Der sanierte neue Veranstaltungsort kommt mit seinen rußgeschwärzten Wänden gut an, obwohl oder weil es eng wird.
Furios geben Hannes Zerbe und Band den Startschuss, sie und andere Künstler treten mehrfach auf. Souverän führt Moderatorin Gina Pietsch durch den Tag. Sie bittet die irische Politikerin Clare Daly als erste ans Rednerpult. Deren These: Die Herrschenden zerstören die Welt, das Abschlachten in Gaza – »ein Testfall für die Menschheit«. Letzteres und die internationale Solidarität mit Palästina sind der rote Faden dieser Konferenz.
Kwesi Pratt (Ghana), der kein Visum erhielt, spricht per Video unter Hinweis auf Kuba, Afrika und Palästina von einer »Welt in Flammen«. Aus dem US-Knast heraus warnt Mumia Abu-Jamal davor, mit Furcht zu reagieren. Das nütze allein den Rechten. Dietmar Dath nennt »künstliche Intelligenz« eine Neuformierung der Ausbeutung: Der Kapitalismus trennte einst die Arbeitenden von den Produktionsmitteln, heute soll KI zur »Verschrottung« der Menschheit dienen, das Ende von Humanismus besiegeln, kann aber auch eine echte »Leistungsgesellschaft« fördern. Anschaulich berichten junge Gewerkschafter und die SDAJ im Jugendforum: Das Streikrecht wird unterlaufen. Yücel Demirer (Türkei), dem auch das Visum verweigert wurde, sagt: Kampf gegen den Krieg ohne den gegen Kapitalismus ist nicht möglich.
Ein Höhepunkt wird erneut die Saalmanifestation: »Unblock Cuba! Free Palestine!« – das zweite Konferenzmotto. Solidarität auch mit der gefangenen Daniela Klette, deren Grußbotschaft Rolf Becker vorträgt. Isolation prägt die Linke in Israel, so Eran Torbiner im Gespräch mit Susann Witt-Stahl. Mitreißend und Mut machend ruft Peter Mertens (Belgien) zum Zusammenschluss der Arbeiterparteien auf: »Sozialismus statt Krieg!«
Am Mittwoch, dem 29. Januar, veröffentlicht jW die Referate der Konferenz in einer Beilage.
Solidarität jetzt!
Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.
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