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Aus: Ausgabe vom 05.02.2025, Seite 16 / Sport
Schach

Die neue Weltmacht

Schach: Indische Dominanz beim Weltklasseturnier in Wijk aan Zee
Von Sören Bär
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»Wimbledon des Schachs«: Weltmeister Dommaraju Gukesh in Wijk aan Zee (18.1.2025)

Die 87. Auflage des seit 1938 stattfindenden Turniers im zugigen 2.165-Seelen-Dorf Wijk aan Zee an der niederländischen Nordseeküste hielt wieder für zwei Wochen die Schachwelt in Atem. Das seit 2011 unter »Tata Steel Chess Tournament« firmierende »Wimbledon des Schachs« bezog seinen Reiz durch den ersten Auftritt des neuen Weltmeisters Gukesh Dommaraju nach seinem Titelgewinn. Die indische Schachdominanz auf dem Planeten manifestierte sich dadurch, dass er gegen nicht weniger als vier Landsleute ans Brett musste, darunter der Weltranglistenvierte Arjun Erigaisi. Als Favoriten galten der Weltranglistenzweite Fabiano Caruana (USA), Nodirbek Abdusattorow (Usbekistan) und Vorjahrestriumphator Wei Yi (China). Die Hoffnungen der Gastgeber ruhten auf Anish Giri und Jorden van Foreest, den Siegern der Jahre 2023 und 2021. Die indischen Teenager Gukesh (18) und Praggnanandhaa Rameshbabu (19) gingen mit jeweils 8,5 Punkten aus zwölf Partien als Führende in den Schlussdurchgang, einen Punkt dahinter lauerte Abdusattorow.

Ongelooflijk! Das Unbegreifliche geschah tatsächlich: Der mit Weiß spielende Gukesh wurde von dem mit unglaublicher Präzision agierenden Erigaisi vernichtet und musste nach 31 Zügen das Handtuch werfen. Erigaisi, elf Runden lang ohne Sieg am Tabellenende, erschien in den beiden letzten Durchgängen wie ausgewechselt, in der zwölften Runde hatte er bereits Abdusattorow geschlagen. In der anderen Spitzenbegegnung heizte der 19jährige Vincent Keymer dem gleichaltrigen Praggnanandhaa ein. In einer Topsy-turvy-Schlacht verpasste die deutsche Nummer eins im 35. Zug den Sieg, erlangte nach gegnerischen Ungenauigkeiten im Dame-Läufer-Endspiel wieder eine gewinnträchtige Position, nur um diese mit einem neuerlichen Fauxpas im 70. Zug wegzuwerfen. Doch als es nach einem Remis und Praggnanandhaas alleinigem Turniersieg aussah, unterlief dem Inder ein Patzer, und Keymer vollstreckte nach 80 Zügen diesmal fachmännisch: ein versöhnlicher Abschluss mit sechs Punkten und Rang neun.

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Der Kulminationspunkt: Rameshbabu Praggnanandhaa opfert mit 29.Db7+! die Dame und setzt forciert matt

Abdusattorow riskierte parallel gegen Pentala Harikrishna (Indien) viel, um zu gewinnen und gemeinsam mit den beiden Indern den Tiebreak zu bestreiten, doch Harikrishna ließ seine Landsleute nicht im Stich – Remis und der dritte Platz mit acht Punkten für Abdusattorow. Im erforderlichen Blitz-Tiebreak zog Gukesh 1:0 in Front, doch Praggnanandhaa glich postwendend aus. In der Armageddon-Partie hatte er das bessere Ende für sich und schnappte dem Champion beim »Hochofenturnier« die Siegespalme vor der Nase weg. Im Challengers löste der für die Tschechische Republik spielende Thai Dai Van Nguyen mit 9,5 Zählern vor dem punktgleichen Aydın Süleymanlı (Aserbaidschan) das Ticket für das Eliteturnier im kommenden Jahr.

Praggnanandhaa Rameshbabu – Alexej Sarana

Wijk aan Zee – Tata Steel Masters (2025), Runde zwölf, 1. Februar 2025 – Damengambit – Abtauschvariante

1.d4 Sf6 2.c4 e6 3.Sc3 d5 4.cxd5 exd5 5.Lg5 c6 6.Dc2 Le6 (Der Normalzug ist 6…Le7.) 7.e3 Sbd7 8.Le2 Ld6 9.Ld3 (Nur scheinbar ein Tempoverlust, denn da Schwarz den Läufer nach d6 statt nach e7 entwickelt hat, scheitert jetzt 9…0-0?? an 10.Lxh7+, der Sf6 ist gefesselt.) 9h6 10.Lh4 g5?! (Solide wäre 10…0-0 gewesen.) 11.Lg3 Lxg3 12.hxg3 De7 13.Sf3 g4?! 14.Sh4 Sb6 15.O-O O-O-O (Die Konsequenz von Saranas aggressivem Vorgehen am Königsflügel: Er rochiert quasi in den weißen Königsangriff hinein.) 16.a4 Kb8 17.a5 Sc4 18.Sa4 Sd6 19.Sc5 +/- (Weiß hat klaren Vorteil und Schwarz bereits große Mühe, eine Verteidigung zu organisieren.) 19a6 20.Tfc1 Lc8 (Hier wäre 20…Sb5 noch korrekt gewesen.) 21.Db3 (Weiß droht simpel 22.Sxa6+ bzw. 22.Lxa6.) 21Sb5? (Nun erweist es sich als entscheidender Fehler. Erforderlich war 21…Ka8.) 22.Sxa6+! (Mit diesem Springeropfer zerstört Weiß die schwarzen Bastionen.) 22bxa6 23.Txc6 Td7 24.Sf5 Dd8 25.Lxb5 axb5 26.a6! +- (Kontrolliert das Feld b7 und ist viel stärker als 26.Dxb5+ Tb7, worauf Sarana gehofft hatte.) 26Ta7 27.Dxb5+ Ka8 28.Sd6! Ld7 (Wenn Schwarz die Drohung 29.Txc8+ mit 28…Dd7 pariert, folgt 29.Dc5! Kb8 30.Db6+ Ka8 31.Sb5! mit der tödlichen Absicht 32.Sc7+ Txc7 33.Txc7 und Matt oder Damenverlust.) 29.Db7+! (Dieser schöne Schlussakkord erzwingt das Matt nach 29…Txb7 30.axb7+ Kb8 31.Ta8#.) 1:0

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