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Aus: Ausgabe vom 12.02.2025, Seite 8 / Ausland
Repression auf den Philippinen

»In den Provinzen leben Anwälte gefährlich«

Philippinen: Fortschrittliche Aktivisten sind auch nach Dutertes Amtszeit Repressionen ausgesetzt. Ein Gespräch mit Ephraim Cortez
Interview: Thomas Berger, Manila
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Es ist knapp drei Jahre her, seit Rodrigo Duterte den philippinischen Präsidentenpalast verließ. Hat sich unter seinem Nachfolger Ferdinand »Bongbong« Marcos Jr. irgend etwas verbessert?

Unter Dutertes brutalem Antidrogenkrieg sind etwa 30.000 Zivilisten getötet worden. Grobe Menschenrechtsverletzungen dieser Art haben rapide abgenommen. Aber in Sachen Repression sind die Strukturen aus der Duterte-Zeit noch immer vorhanden. Der Umgang mit Widerspruch und Widerstand hat sich wenig geändert. Zum Beispiel gibt es weiterhin Hunderte Tötungen im staatlichen Kampf gegen die Untergrundbewegung der (von der Kommunistischen Partei der Philippinen angeführten, jW) New People’s Army. Auch fortschrittlich Engagierte fallen den Maßnahmen zum Opfer. So wurden unter anderem im November 2023 zwei Umweltschutzaktivisten entführt. Zwei Anwälte aus Bicol sind nach wie vor verschwunden. All das fällt unter das Stichwort »Aufstandsbekämpfung«. Auch das »Red-tagging« gibt es weiterhin.

Also den Versuch staatlicher Stellen, Kritiker als Mitglieder oder Sympathisanten der kommunistischen Guerilla zu brandmarken und so gewissermaßen für »vogelfrei« zu erklären …

Der Oberste Gerichtshof hatte diese Praxis in einem Urteil zwar explizit für nicht rechtens erklärt. Aber sie bleibt in Kraft, was für viele lebensbedrohlich ist.

Wie stark richtet sich die Repression gegen fortschrittliche Anwälte?

Vor allem in den Provinzen, fernab der großen Städte, leben auch Anwälte äußerst gefährlich. Generell sind Mindanao, die Visayas und Negros die gefährlichsten Regionen. Oft gibt es im Kampf gegen die NPA Übergriffe auf Zivilisten. In Cavite wurden zum Beispiel kürzlich Teilnehmer einer Bauernversammlung eingeschüchtert. 42 Tote aus dem Bereich fortschrittlich eingestellter Richter und Anwälte hat allein in den ersten 18 Monaten von Marcos’ Amtszeit gegeben.

Wie hat sich die von Ihnen mitbegründete National People’s Union of Progressive Lawyers, NUPL, über die Jahre entwickelt, wie war und ist das gesellschaftliche Umfeld?

Wir haben uns 2007 gegründet, also in einer Zeit, in der die Zahl außergerichtlicher Hinrichtungen, also politischer Morde, deutlich zugenommen hat. Das war zugleich einer der wichtigsten Faktoren, um als Team in dieser Art zusammenzukommen. Inzwischen sind bei uns rund 400 Menschenrechtsanwälte organisiert. Ein motivierender Faktor ist die intensive Repression. Wir reagieren darauf, indem wir als Anwälte für Verfolgte tätig sind. Aber auch wir selbst geraten dadurch immer wieder ins Visier des Staates. Wir haben viele Fälle zu bearbeiten, und es gibt gerade auch aktuell ausreichend Gründe, um als Menschenrechtsanwälte aktiv zu werden.

Ist es ein Problem, dass es im Parlament kaum eine wirkungsvolle Opposition gibt?

Ja, es ist etablierte Praxis, dass sich nach einer Wahl viele Abgeordnete der neuen Macht andienen und der Präsident damit in beiden Kammern über eine Art Supermehrheit verfügen kann. Die bröckelt erst wieder etwas vor den nächsten Wahlen. Generell kann man sagen, dass nur der Block aus der Lehrerliste ACT, der Frauenpartei »Gabriela« und der linken Akbayan eine Opposition ist, die diese Bezeichnung auch verdient.

Welche Hoffnungen verbinden Sie mit den anstehenden Zwischenwahlen im Mai?

Ein paar mehr Diskussionen wird es in diesem Zusammenhang sicherlich geben. Aber ehrlicherweise glaube ich nicht an große Veränderungen.

Wie läuft es bei Ihren Fällen vor den Gerichten?

Es gab zwar auch einige Niederlagen, bei denen wir teilweise in Berufung gingen. Aber wir haben über die Jahre diverse Erfolge in Form von Freisprüchen und eingestellten Verfahren erzielt. Oftmals sagen auch die Richter in ihren Urteilsbegründungen deutlich, dass die Anklagen fabriziert sind, es keine belastbaren Beweise oder glaubwürdige Zeugen gibt. Die Judikative ist dadurch noch als unabhängige Instanz stark und intakt.

Ephraim Cortez ist seit 1996 Anwalt. Seit 2022 ist er Präsident der 2007 von ihm mitgegründeten National People’s Union of Progressive Lawyers (NUPL)

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