Aus Leserbriefen an die Redaktion

Ein weißes Blatt beschmieren
Zu jW vom 21.3.: »Für die EU an die Front«
Es gibt wohl keinen größeren seelischen Schmerz als den Verlust des eigenen Kindes. Jedes halbwegs sozialisierte Wesen zerbricht, meist irreversibel, nach einem solchen Trauma. Die Protagonisten der »Kriegstüchtigkeit« mögen mir bitte eine Mutter zeigen, welche von sich behauptet, dass sie stolz darauf sei, dass ihr Sohn in Afghanistan zerstückelt wurde, weil er die Interessen Deutschlands »am Hindukusch heldenhaft verteidigt hat«! Man möge mir bitte eine Mutter zeigen, die stolz auf die Taten ihres als psychischer Totalschaden zurückgekehrten Kindes ist, weil es »Mädchenschulen bauen« und »Brunnen bohren« wollte. Der immer wieder dargebotenen Aussage, dass der Mensch einen »angeborenen Killerinstinkt« besitzt und sein innerstes Wesen kriegerisch eingestellt ist, kann mit der Evolutionstheorie gekontert werden. Als die ersten Affen nackt vom Baum stiegen, verfügten sie immerhin noch über ein Fell. Homo sapiens verfügt weder über ein Außenskelett, weder über Hörner noch über Klauen, Reißzähne oder ähnliches. Wenn »Mensch« sich im Spiegel betrachtet, sieht er ein – im Gegensatz zur Tierwelt – anfälliges Wesen. Ein Schnitt mit einem Skalpell an der richtigen Stelle, und seine Innereien würden ihren von der Natur vorgesehenen Platz verlassen. Was genau soll daran »kriegstüchtig« sein? Es bedarf eines hohen Aufwandes, Kinder zu sozialen Wesen zu erziehen. Viel einfacher ist es, Menschen zu primitivisieren und zu brutalisieren! Es ist leichter, ein weißes Blatt Papier zu beschmieren, als ein Kunstwerk auf ihm zu gestalten. Mancher behauptet, man sollte die zum Heldenmut degenerierten Kriegstüchtigen mit entsprechender Literatur konfrontieren. Es steht allerdings zu befürchten, dass einige dieser Herrschaften den Anblick zerstückelter Leichen als »stimulierend« einordnen würden. Eines muss man den »Führungskräften« und Medienschaffenden lassen: Es ist ihnen gelungen, den evolutionären Entwicklungsstand innerhalb von 35 Jahren um Jahrhunderte zurückzuschrauben.
Detlev Schulz, Gaggenau
Vermächtnis der Tempelritter
Zu jW vom 17.3.: »Tod nach Verhör«
Nein! Ein Orden der katholischen Kirche war bzw. ist in Polen im Spiel? Das glaubt niemand! Denen würde niemand von uns unterstellen, jemals in Machtfragen die Finger im Spiel gehabt zu haben? Solange es inländisch bleibt und nur von denen von außen bezahlt wird, die es für die Demokratie tun und gut bezahlen und Stiftung, Hilfe und Institut heißen und nur den Machtwechsel wollen und für richtig propagieren. Und denjenigen, die andernorts auch in denselben Genuss kommen können bzw. sollen, die Ausbildung, Studium, Anstellung und viel Geld prophezeien. Was stimmt. – Aber wozu erst der Stress? Aaah! Ohne Russenhass kein Pass! – Jetzt mal offenherzig, liebe staatlich gezahlten Demokratievermittler*innen: Wie viele NGOs bezahlt allein die Regierung der BRD direkt? Wie viele NGOs werden indirekt in wie vielen anderen Ländern über von unserem Bundeshaushalt finanzierte Stiftungen betrieben, und wie viele Tausende sind weltweit auf Systemwechsel orientiert wie in Georgien? Mehr als dreitausend?
Torsten Andreas Scharmann, Berlin
Später Seitenwechsel
Zu jW vom 17.3.: »Feindseliges Symbolbild«
Eine einzige Korrektur zu der ansonsten lesenswerten Rezension: Das frühe Mao-Bashing bereitete noch nicht das deutsche Bündnis mit Japan vor. Von der Weimarer Republik bis weit in die Nazizeit unterstützte Deutschland die Kuomintang (Pinyin: Guomindang, jW), die freilich ab 1937 im Bündnis mit den Kommunisten gegen die japanische Invasion kämpfte. Erst dann vollzog Deutschland einen Seitenwechsel.
Kai Köhler, per E-Mail
Pedantischer Verbesserungsvorschlag
Zu jW vom 19.3.: »Batterie leer«
Auch auf die Gefahr hin, als Beckmesser zu gelten, ist »Batterie leer« zwar griffig kurz, aber ein weitverbreiteter Fehlschluss. Der Mondbesucher müsste jetzt wegen leerer Akkus schlafen. Batterien sind dort, bis auf Spezialbaugruppen, ziemlicher Nonsen. Gilt übrigens auch für Autos. Oder war es dieses Mal wegen des Landeortes mit wenig Sonne doch eine spezielle Batterie? Könnte das die junge Welt herausfinden und dienstags auf der Wissenschaftsseite präsentieren? Vielen Dank dafür schon voraus.
Zum Jubel: Hugo Egon Balder musste ich vor vielen Jahren in einer Aufzeichnung von »Tutti Frutti« mit ansehen. Später kamen wirklich gute Sachen hinzu. Die Geschichte seiner Mutter und seine Haltung dazu beeindruckten. Nur wäre der »Jubel der Woche« dann wohl eine Spalte länger geworden. Trotzdem ist seine Erwähnung sehr gut.
Hans-Jürgen Thiele, per E-Mail
Fleißig bauen
Zu jW vom 19.3.: »Rotlicht: Sozialabbau«
Es ist ja löblich, dass sich mal jemand mit der Wirkung von Hüllwörtern in Politik und Medien beschäftigt; leider hat der Autor im Text nicht bemerkt, dass Sozial-»Abbau« bzw. -»Rückbau« ja selbst schon Hüllworte für die Zerstörung des Sozialstaates sind. Man baut etwas sorgfältig ab oder zurück, um es woanders wieder zu errichten (was beim Sozialen ja nicht der Fall ist). »Rüstungsausgaben« fällt strenggenommen auch unter diese Kategorie, denn »Rüstung« (also Schutz) klingt viel harmloser als Angriffswaffen.
Carsten Glienke, Leipzig
Alarm! Alarm!
Zu jW vom 20.3.: »Schlüssel zum Verständnis: Die Weltformel«
Schluss mit dem Alarmismus! Die Materie unterliegt seit jeher ständigen Veränderungen – zyklische Schwankungen sind ein natürlicher Bestandteil der Weltformel: Siehe sin(alpha)! Und was ergibt ein integrierter Sinus? Na, wieder was Wackeliges. Alarmismus in jW darf nur der Pomrehn.
Heinrich Hopfmüller, Stadum
Man möge mir bitte eine Mutter zeigen, die stolz auf die Taten ihres als psychischer Totalschaden zurückgekehrten Kindes ist, weil es »Mädchenschulen bauen« und »Brunnen bohren« wollte.
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