Konzept »One Health«
Von Volker Hermsdorf
Gesundheit muss vom Geschäftsmodell zum globalen Menschenrecht für alle werden. Darum ging es bei einer an diesem Freitag in Havanna beendeten Fachkonferenz, an der 5.000 Experten aus 88 Ländern teilnahmen. Ein wichtiger Aspekt war dabei das Konzept »One Health«, ein einheitlicher Ansatz, bei dem der Zusammenhang zwischen der Gesundheit von Menschen, Tieren und Ökosystemen im Mittelpunkt steht. Die unter anderem von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) unterstützte »One Health«-Strategie soll globale Risiken verringern. Sie sei jedoch nur umsetzbar, wenn medizinische Ressourcen nicht dem Markt überlassen, sondern in den Dienst der Menschen gestellt würden, so ein Fazit der Tagung.
Während die WHO zunehmend von transnationalen Konzernen vereinnahmt wird, verwiesen die Vertreter mehrerer Länder des globalen Südens auf das Beispiel Kubas. Dort ermögliche ein anderes Konzept die öffentliche Versorgung für alle ohne Ausnahmen. Haitis Gesundheitsminister Bertrand Sinal bezeichnete das kubanische Gesundheitssystem sogar als Referenzmodell für den universellen Zugang zu medizinischen Diensten. Sein südafrikanischer Amtskollege Aaron Motsoaledi betonte die Notwendigkeit, gerechte und nachhaltige Präventions- und Versorgungssysteme aufzubauen. Die Bevölkerung seines Landes leide nach wie vor unter der Ungleichheit beim Zugang zu Gesundheitsdiensten, die durch wirtschaftliche Probleme noch verschärft werde.
Auf die – auch für andere Länder des globalen Südens typische – Unterversorgung in abgelegenen Gebieten wies Michael Darville, der Gesundheitsminister der Bahamas, hin. »Die Bahamas sind ein kleiner Archipel mit 100.000 Einwohnern, der aus etwa 700 Inseln besteht. Das hat uns zwar mit Hunderten schöner Strände gesegnet, aber auch vor die Anforderung gestellt, medizinische Dienste auf die weniger bevölkerten Inseln zu bringen«, sagte er. Simbabwes Gesundheitsminister Douglas Mombeshora verwies auf zusätzliche globale Herausforderungen wie neue Infektionskrankheiten, mikrobielle Resistenzen und Lebensmittelsicherheit. Auch er betonte, dass eine sozial gerechte »One Health«-Strategie zur Stärkung der Gesundheitssysteme beitragen müsse.
»Niemand kann eine neue Pandemie ausschließen«, stimmte Ileana Morales Suárez, die Direktorin für Wissenschaft und technologische Innovation des kubanischen Gesundheitsministeriums, zu. »Wir wissen nicht, welcher Erreger sie auslösen oder wo oder wann sie auftreten wird, aber wir haben Gewissheit: Es wird passieren, und um uns zu schützen, müssen wir die Gesundheit von Tieren, Umwelt und Menschen besser überwachen«, sagte sie. Klimawandel, globale Mobilität und Resistenzen erforderten neue Strategien – aber auch alternative Gesundheitsmodelle zum »brutalen Kapitalismus«.
Sie erinnerte an Kubas Erfolge während der Covid-19-Pandemie, die weltweit mehr als sieben Millionen Tote forderte. Obwohl die USA ihre Blockade während der Pandemie mehrfach verschärften, sei es ihrem Land gelungen, eigene Impfstoffe zu entwickeln, eine Heilungsrate von 99,2 Prozent zu erreichen und die Sterblichkeitsrate mit 0,7 Prozent auf einem relativ niedrigen Niveau zu halten. Kuba war im Kampf gegen die Pandemie deutlich erfolgreicher als westliche Länder mit privatisiertem Gesundheitswesen. Teilnehmer der fünftägigen Konferenz »Cuba Salud« folgerten, dass am kubanischen Modell orientierte Systeme bessere Voraussetzungen für die Stärkung des einheitlichen Gesundheitsansatzes böten als Modelle, in denen medizinische Prävention und Versorgung als Geschäft betrachtet werden.
links & bündig gegen rechte Bünde
Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.
Ähnliche:
- imago images/Agencia EFE02.02.2023
Sozialistische Versorgung
- Natalia Favre/REUTERS28.12.2021
Havanna macht es besser
- Xiong Qi /imago images/Xinhua01.07.2021
Ammenmärchen des Westens
Regio:
Mehr aus: Kapital & Arbeit
-
KTM weiter auf Schlingerfahrt
vom 25.04.2025