Gegründet 1947 Mittwoch, 22. Januar 2025, Nr. 18
Die junge Welt wird von 3005 GenossInnen herausgegeben

Gysi unterliegt in Karlsruhe

Bericht zu angeblicher MfS-Mitarbeit soll zulässig sein

Gregor Gysi, Vorsitzender der PDS-Gruppe im Bundestag, darf vom Immunitätsausschuß des Parlaments als Informeller Mitarbeiter des MfS bezeichnet werden. Das ist das Ergebnis einer knappen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) in Karlsruhe am Montag.

Mit vier zu vier Richterstimmen erklärte der Zweite Senat des Gerichts es als zulässig, daß der Bundestagsausschuß Gysis Anwaltstätigkeit in der DDR auf MfS-Kontakte überprüfe und einen entsprechenden Bericht dazu veröffentliche. Laut Gesetz werden bei Stimmengleichheit Verfassungsbeschwerden automatisch abgelehnt. So blieb Gysi mit seiner Klage gegen den Ausschußbericht erfolglos. Der Immunitätsausschuß hatte mit einer Mehrheit von Union, SPD und Bündnis 90/Die Grünen erklärt, der PDS- Gruppenchef habe jahrelang für das MfS gearbeitet.

Gysi wollte mit seiner Klage in Karlsruhe untersagen lassen, daß der Bericht veröffentlicht wird. Nach Ansicht der vier entscheidenden Richter habe der Bundestagsausschuß seine Festellungen »im einzelnen begründet«. Die im Bericht geäußerte Überzeugung, Gysi sei IM gewesen, wäre »auf eine Vielzahl von Einzelfeststellungen gestützt«. Ebenso sei eine »politische Bewertung« dem Papier nicht zu entnehmen, meinen die Verfassungsrichter. Es verstoße nicht gegen die Abgeordnetenrechte Gysis, wenn der Bericht an die Öffentlichkeit komme. Ihre vier Kollegen sehen dagegen in dem Bericht »keine Feststellungen, sondern Mutmaßungen«. Die seien weder gerechtfertigt noch könnten sie rechtsstaatlich belegt werden, begründeten sie ihre Gegenstimmen. Berichtspassagen ließen den Schluß zu, daß Gysi politisch diskreditiert werden solle.

Unterdessen hat der FDP-Vertreter im Bundestagsausschuß, Jörg van Essen, seine Minderheitsposition zum Bericht bekräftigt. Im Deutschlandfunk forderte er am Montag, sich streng an die rechtsstaatlichen Regeln zu halten. Eine MfS-Mitarbeit Gysis sei »nicht zweifelsfrei« nachweisbar, hatte van Essen im März erklärt, als das Ausschußergebnis bekannt wurde. Ein Vorentwurf des Papiers mit dem gleichen Fazit war im vergangenen Jahr auf politischen Druck hin zurückgezogen worden.

jW/ADN/AP/AFP

Mehr aus: Inland