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Aus: Ausgabe vom 30.09.2006, Seite 3 (Beilage) / Wochenendbeilage

Der Schwarze Kanal: Die große Verleumdung

Von Peter Rau
So emotional berührend die Abschiedsworte der »Pasionara« für die »Voluntarios de la Libertad«, die ausländischen Freiwilligen, auch sind: Die darin zum Ausdruck kommende große Dankbarkeit für den Einsatz der vor 70 Jahren, im Oktober 1936, formierten Internationalen Brigaden zur Verteidigung der Spanischen Republik ist zu keiner Zeit – schon gar nicht in Franco-Spanien und den anderen an diesem Konflikt beteiligten Ländern – ungeteilt gewesen. Abgesehen von den üblichen Verdächtigen, die sonst in dieser Rubrik wider die Manipulationen des Medienmainstreams zitiert werden müssen, räufeln sich seit Jahr und Tag zu den entsprechenden Anlässen immer wieder auch gewisse Linke am spanischen Bürgerkrieg auf. (Der übrigens wider diese Bezeichnung alles andere als ein rein innerspanischer Konflikt war, sondern von den ersten Tagen des Putsches gegen die demokratisch gewählte Regierung an eine zunehmend internationale Dimension erhielt.)

So stieß ich erst dieser Tage bei einer Internet-Recherche auf den Beitrag einer gewissen birgit schmidt, verfaßt zum 70. Jahrestag des Franco-Putsches, veröffentlicht am 12. Juli 2006 und überschrieben mit »Das große Töten«. Wer allerdings von diesem Text, erschienen in einer sich links gerierenden Wochenzeitung mit antideutsch daherkommendem Titel, Aufschluß erwartet hätte über Hintergründe des Putsches oder die Ziele der Volksfrontregierung, gegen die er sich richtete, über die kriegsentscheidende Schützenhilfe, die der deutsche und italienische Faschismus den Aufständischen zuteil werden ließ, oder die verhängnisvolle, von den bürgerlichen Demokratien betriebene Politik der Nichteinmischung, wird arg enttäuscht. Vielmehr bezieht sich das annoncierte »große Töten« vorrangig auf den »Krieg im Kriege« – die Auseinandersetzungen innerhalb des republikanischen Lagers zwischen der Volksfront, also der zunächst rein linksrepublikanisch getragenen Regierung, der Sozialisten und Kommunisten auf der einen sowie Anarchisten, Sozialrevolutionäre, Trotzkisten auf der anderen Seite. Schmidts Ausgangspunkt ist die auf Zahlen bürgerlicher Historiker gestützte Behauptung, daß es in Spanien »mehr Tote durch politische Morde als infolge direkter Kampfhandlungen« gegeben habe.

»Auf beiden Seiten« – doch fortan widmet sich die gelernte Literaturhistorikerin und ausgewiesene Gegnerin jeglicher Volksfrontpolitik, getrieben von den antikommunistischen Vorbehalten, die manche Linke der verschiedensten Couleur hegen und pflegen, allein der republikanischen Seite. Ihre folgenden Aussagen sind, ein gewisses Maß an historischem Grundwissen über diesen Krieg vorausgesetzt, allerdings leicht zu widerlegen.


Zum Beispiel die Geschichte mit den Pässen: »Das ZK der KPD in Paris, das vom 7. August 1936 an exilierte deutsche Kommunisten dazu aufgerufen hatte, nach Spanien zu gehen, um dort internationale Brigaden zu bilden, behielt die Pässe derer, die sich meldeten, ein. Sie wurden anderweitig verplant, denn man ging davon aus, daß niemand dieses Land lebend wieder verlassen würde.« Was fällt einem zu solchem Schwachsinn ein? Doch nur, daß jene, die es dennoch wagten zu überleben, in der DDR zum Beispiel mit der Versetzung in hohe Staatsämter bestraft worden sind und gramgebeugt ihre Orden und Auszeichnungen an der Brust zu tragen hatten ...

Ausnahmen von der KPD-Nicht-Überlebensregel gab es natürlich auch: die »sogenannten Politkommissare«. Die hatten gefälligst noch zu berichten. »Von ihnen stammt die Mehrzahl der Berichte, Autobiografien und Romane über den spanischen Bürgerkrieg, die im deutschsprachigen Raum, vor allem in der DDR veröffentlicht wurden.« Woher sie die Zeit für ihre dazu erforderlichen Notizen nahmen, bleibt natürlich im dunkeln. Denn immerhin sollen sie in Spanien ganz andere Aufgaben gehabt haben: »Sie kontrollierten die Brigadisten (insgesamt 40 000 Mann) und mußten in Spanien das sowjetische Modell durchsetzen ... und das bedeutete, konkurrierende linke und sozialistische Strömungen zu eliminieren, wenn möglich, auch ihre Träger«. Daß nicht wenige dieser Kommissare ihren Einheiten vorangingen und an der Front ihr Leben ließen wie Zigtausende andere Interbrigadisten auch, paßt offenbar nicht zur rechten Gesinnung in linker Verkleidung.

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