Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
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Aus: Ausgabe vom 06.11.2006, Seite 14 / Feuilleton

Aus Leserbriefen an die Redaktion

Vorbild

* Zu jW vom 30./31. Oktober: »Widerstand – ein Leben lang«

(...) Es hat mich außerordentlich gefreut, daß Ihr eine ausführliche Seite Peter Gingold gewidmet habt. Als die Berufsverbotswelle losging – ich erinnere mich sehr gut an die Prozesse gegen Gingolds Tochter, da ich auch aus Hessen stamme – und nach Abschluß meines Zweitstudiums am Otto-Suhr-Institut/FU Berlin mit 36 Jahren als alleinerziehende Mutter mit drei Kindern nach Frankfurt/M. zum Zentralarbeitsamt für Akademiker bestellt, hat man mir dort nur gesagt, daß mir keine Stelle vermittelt oder je angeboten würde, da ich ein marxistisches Studium absolviert hätte. Die Hatz, die Buhmannsuche ging dann systematisch weiter, besonders geschürt von der Springer-Presse. Es hat sehr viele getroffen. Aber Peter Gingold blieb ein Vorbild. (...)

Vroni Bauriedl, Berlin

Wiederentdeckt

* Zu jW vom 1. November: »Treffen der Generationen in Düsseldorf«

Danke für den Bericht über unsere 60-Jahr-Feier der VVN-BdA aus Nordrhein-Westfalen. Zum dort gezeigten Film »Ein Tagebuch für Anne Frank« ist noch zu sagen, daß er eine Wiederentdeckung von uns ist. Dieses »Tagebuch« entstand als Buch und Film in der DDR im Jahre 1959 und enthält Aussagen für Anne Frank, die sie nicht wissen und nicht ahnen konnte. Im Vorwort schrieben die Filmemacher und Buchautoren Joachim Hellwig und Günther Deicke über Anne Frank:

»Uns Deutschen stellt sie die Aufgabe, offen aufzutreten gegen alle, die Anne Frank dieses Schicksal bereitet oder ermöglicht haben.« Das Tagebuch der Anne Frank wurde ja in der Literatur, der politischen Publizistik und im Theater so präsentiert, als hätten ganz anonyme böse Mächte sie gleich den weiteren sechs Millionen Juden ums Leben gebracht. Deshalb werden in dem von uns gezeigten Film nun ganz konkret als Mörder Anne Franks u.a. genannt: Die Herren der IG Farben, für die sie Zwangsarbeit – bis hin zur »Vernichtung durch Arbeit« – leisten mußte, der CDU-MdB Dr. Hermann Conring, der Bevollmächtigter des »Reichskommissars für die besetzten Niederlande« gewesen war, ferner der nie bestrafte Kaufmann Albert Konrad Gemecker aus Düsseldorf, SS-Obersturmführer und Kommandant des KZ Westerbork in den Niederlanden, und schließlich Dr. Hans Globke, Mitautor der NS-Rassengesetze und später Kanzleramtsstaatssekretär bei Adenauer.

Als kürzlich in Ostdeutschland eine öffentliche und offizielle Veranstaltung von sich reden machte, bei der Rechtsextremisten ein Tagebuch der Anne Frank verbrennen durften, da wurde zur Entschuldigung gesagt: Die anwesenden Polizisten stammten ja aus der DDR, in der das Tagebuch der Anne Frank, wie so vieles, was das Naziregime betraf, nicht bekannt war. Doch in der DDR waren nicht nur das Tagebuch und das


Schicksal Anne Franks bekannt, sondern auch die Fakten über ihre Mörder, die in der BRD unbehelligt lebten. Dieser Teil der Geschichte war allerdings in der BRD weithin nicht bekannt. Es gehörte zur 60jährigen Geschichte der VVN, diese Fakten zu veröffentlichen. Daran wurde mit dem Film-Ausschnitt am 28. Oktober in Düsseldorf erinnert.

Ulrich Sander, Dortmund

Grenzen vorbestimmt

* Zu jW vom 30./31. Oktober: »Abgeschrieben«

Hüseyin Aydins Brief könnte fast Satz für Satz von Joseph Fischer, Rudolf Scharping oder Gerhard Schröder stammen – mit Ausnahme seines Verweises auf zwei Militär-»Einsätze«, die die Linksfraktion im Gegensatz zu SPD und Grünen abgelehnt hat.

Das reicht vom Verharmlosen von Militäraktivitäten als »Einsatz«, »Mission«, Entsendung«, »Hilfe«, »humanitär« und »Schutz« bis zur Mitgefühlsmasche hinsichtlich in der Tat verurteilenswerter Vorgänge in Darfur. Mit dieser Masche hat Fischer zunächst 1995 »probehalber«, dann 1998/99 mit blutigem Ernst die einst tendenziell pazifistischen Grünen vergewaltigt.

Im Grundgesetz gibt es dazu einen Artikel, der Auftrag und Grenzen der Bundeswehr klar bestimmt. In der Linkspartei gilt der Beschluß vom Bundesparteitag der PDS in Münster im Jahr 2000, der entgegen einer Minderheitenvorlage auch »Einzelfall-Prüfungen« für Militär-»Einsätze« verwirft. Durch die Realisierung der Forderung nach Abschaffung der Bundeswehr in PDS-Partei- und Wahlprogrammen würde die Frage nach deren »Einsatz« ohnehin hinfällig. (...)

Welche Formen von Entwicklungshilfe auch technischer Art und von Polizeifunktionen in einer demokratisierten und gestärkten UNO später durch wen wahrzunehmen sind, erfordert noch viele Debatten. Auf ein noch so dringendes Problem a) mit militärischen Scheinlösungen und b) ausgerechnet mit dem Ruf nach der deutschen Bundeswehr zu reagieren, ist unkreativ und vorschnell. (...)

Gisela und Bernhard May, Düsseldorf

Mitdenken

* Zu jW 2. November: »Dialektisch, praktisch, gut«

Wieso dürfte es einem Marxisten »eine Gänsehaut verschaffen«, wenn auf eine Quelle des Marxismus, das meint konkret die Kantische Philosophie, verwiesen wird? Wenn von Marx die Rede ist, dann darf immer Hegel mitgedacht werden. Hegel ist aber auch Kant, Schelling, Fichte. Letztgenannte sind deshalb zu erwähnen, weil Hegel ohne jene nicht zu denken ist. Alle drei lieferten das Material für Hegels philosophisches Nach- und Weiterdenken. Die große und bleibende Leistung Hegels besteht aber darin, daß er das (philosophische) Denken oder das philosophische System als ein Gewordenes betrachtete. Es hatte eine Geschichte und war identisch mit seinem Werden. Diese Identität brachte Hegel mit der Einheit des Logischen und Historischen auf den Begriff. Nach ihm war Marx der erste Denker, der diese Methode in seinem Lebenswerk »Das Kapital« anwandte. Freilich, ging er dabei, im Gegensatz zu Hegel, vom tatsächlichen Lebensprozeß der Menschen, von der Arbeit, aus. Geschichte und Philosophie verhalten sich zueinander wie Ursache und Wirkung oder Grund und Folge. Eben hierin besteht die Aktualität von Karl Marx.

Wolfgang Biedermann, E-Mail

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