Aus: Ausgabe vom 08.11.2006, Seite 13 / Feuilleton
Kunstklage
Wegen der Rückgabe des Ernst-Ludwig-Kirchner-Gemäldes »Berliner Straßenszene« (1913, Öl auf Leinwand) an jüdische Erben ist am Montag gegen Berlins Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) und Kultursenator Thomas Flierl (Linkspartei.PDS) Strafanzeige gestellt worden. Die Anzeige wegen Verdachts der Untreue oder der veruntreuenden Unterschlagung wurde im Auftrag eines Münchner Kunstsammlers gestellt, der nicht genannt werden will, wie der Münchner Rechtsanwalt Daniel Amelung mitteilte. Es habe »keinen Grund« für die Rückgabe gegeben, betonte der Anwalt im Auftrag seines Mandanten. Das Land Berlin hatte im Juni das Kirchner-Gemälde an die Erbin einer vom NS-Regime verfolgten jüdischen Familie zurückgegeben. Das Gemälde gehörte zum Bestand des Berliner Brücke-Museums und soll nun Medienberichten zufolge am Mittwoch bei Christie’s in New York versteigert werden, wobei ein Erlös von über 20 Millionen Dollar erwartet wird. Der Vorgang ruft auch die ansonsten kunstferne FDP auf den Plan, deren »Kulturexperte« Hans-Joachim Otto eine Änderung der Rückgaberegelungen für Kunstwerke aus öffentlichen Sammlungen fordert.
Auch der Präsident des Deutschen Museumsbundes, Michael Eissenhauer, nannte die Versteigerung des Gemäldes »ein Desaster«. Werke aus öffentlichen Sammlungen würden gezielt ausgesucht und in einem Konsortium interessierter Kreise auf den Markt gebracht – »im Sinne eines Big Business, um den Kunstmarkt zu beleben«, betonte er. Zwar sei es außerhalb jeglicher Diskussion, daß Bilder, die geraubt worden seien, restituiert werden müßten. Gleichwohl plädierte Eissenhauer für Sperrfristen: Für die Dauer der ersten fünf Jahre müsse ein Erstkaufsrecht bei dem abgebenden Museum oder »der abgebenden Nation« liegen.
(ddp/jW)
Auch der Präsident des Deutschen Museumsbundes, Michael Eissenhauer, nannte die Versteigerung des Gemäldes »ein Desaster«. Werke aus öffentlichen Sammlungen würden gezielt ausgesucht und in einem Konsortium interessierter Kreise auf den Markt gebracht – »im Sinne eines Big Business, um den Kunstmarkt zu beleben«, betonte er. Zwar sei es außerhalb jeglicher Diskussion, daß Bilder, die geraubt worden seien, restituiert werden müßten. Gleichwohl plädierte Eissenhauer für Sperrfristen: Für die Dauer der ersten fünf Jahre müsse ein Erstkaufsrecht bei dem abgebenden Museum oder »der abgebenden Nation« liegen.
(ddp/jW)
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