Aus: Ausgabe vom 08.11.2006, Seite 3 / Schwerpunkt
Gesundheitskarte. Subventionen für IT-Branche
Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) beziffert die Kosten für die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte auf 1,4 Milliarden Euro. Im September veröffentlichte die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung allerdings ein Gutachten der Unternehmensberater Booz, Allen, Hamilton, das zu ganz anderen Zahlen kommt. Die Unternehmensberater rechnen mit mindestens 3,9 Milliarden Euro, eventuell sogar sieben. Erst nach zehn Jahren würden sich Kosten und Nutzen die Waage halten. Auftraggeber der Studie war die »Gesellschaft für Telematikanwendungen der Gesundheitskarte« (Gematik), die die Einführung der Karte organisiert. Auch bezüglich der erhofften Einspareffekte bei der Rezeptausstellung kalkulieren Booz, Allen, Hamilton anders: Ärzte benötigten mehr Zeit, ein Rezept auszustellen, und »Apotheker brauchen erheblich länger beim Einlösen einer Verordnung«. Das Bundesgesundheitsministerium dementierte die Zahlen umgehend.
Daß es bei der elektronischen Gesundheitskarte um handfeste ökonomische Interessen der Informationsindustrie geht, machte die hektische Reaktion des Branchenverbandes BITKOM deutlich. Die Gesundheitskarte werde »hierzulande zugrunde geredet«, so Vizepräsident Jörg Menno Harms – und startete dann die von Transrapid und Lkw-Maut bekannte Weltmarktlitanei: »Wir haben noch immer die Chance, die Grundlagen für ein Vorzeigeprojekt mit Weltmarktpotential zu legen.« Deshalb solle der Bund die Karte schnell einführen.
Damit bestätigte der BITKOM-Vize die Befürchtungen des früheren Bremer Datenschutzreferenten Wolfgang Linder. Er vermutet »die Hauptinteressen in der Industriepolitik der Bundesregierung und in den Interessen der beteiligten Informatikindustrie«. Konzerne wie Siemens, T-Systems, SAP und IBM wollten »mit Hilfe hoher Subventionen risikofrei die Technologie entwickeln, auf Kosten der Beitragszahler an die Krankenversicherung verkaufen und dann weltweit exportieren«, so Linder in einem Interview der Zeitschrift Fantomas.
(JaE)
Daß es bei der elektronischen Gesundheitskarte um handfeste ökonomische Interessen der Informationsindustrie geht, machte die hektische Reaktion des Branchenverbandes BITKOM deutlich. Die Gesundheitskarte werde »hierzulande zugrunde geredet«, so Vizepräsident Jörg Menno Harms – und startete dann die von Transrapid und Lkw-Maut bekannte Weltmarktlitanei: »Wir haben noch immer die Chance, die Grundlagen für ein Vorzeigeprojekt mit Weltmarktpotential zu legen.« Deshalb solle der Bund die Karte schnell einführen.
Damit bestätigte der BITKOM-Vize die Befürchtungen des früheren Bremer Datenschutzreferenten Wolfgang Linder. Er vermutet »die Hauptinteressen in der Industriepolitik der Bundesregierung und in den Interessen der beteiligten Informatikindustrie«. Konzerne wie Siemens, T-Systems, SAP und IBM wollten »mit Hilfe hoher Subventionen risikofrei die Technologie entwickeln, auf Kosten der Beitragszahler an die Krankenversicherung verkaufen und dann weltweit exportieren«, so Linder in einem Interview der Zeitschrift Fantomas.
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