Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
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Aus: Ausgabe vom 23.11.2006, Seite 8 / Abgeschrieben

Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung für Klage

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung wirbt für eine Sammelklage gegen Vorratsdatenspeicherung:

Bürgerrechtler rufen zur Teilnahme an einer »Sammel-Verfassungsbeschwerde« gegen die von der Bundesregierung geplante Protokollierung der Nutzung von Telefon, Handy, E-Mail und Internet auf. Der Aufruf zur Erhebung einer Massenverfassungsbeschwerde ist in der deutschen Geschichte einmalig. »Die von der Bundesregierung geplante Totalprotokollierung der Telekommunikation der gesamten Bevölkerung ist ebenfalls einzigartig«, begründet der Politikwissenschaftler Ralf Bendrath vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung die Aktion. »Frau Zypries will vorsorglich Informationen über unsere Telefonate, Bewegungen und Internetnutzung sammeln lassen für den Fall, daß wir zu Verbrechern werden. Wir sammeln vorsorglich Beschwerdeführer für den Fall, daß SPD und Union dieses verfassungswidrige Vorhaben tatsächlich umsetzen sollten. Wenn die Koalition unzählige Menschen bespitzeln lassen will, dann werden sich auch unzählige Menschen in Karlsruhe dagegen zur Wehr setzen.«
An der vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung vorbereiteten Verfassungsbeschwerde kann sich jedermann beteiligen. Auf der Internetseite des Arbeitskreises (www.vorratsdatenspeicherung.de) befindet sich ein Meldeformular. Die Vertretung der Beschwerdeführer vor dem Bundesverfassungsgericht wird der Berliner Rechtsanwalt Meinhard Starostik übernehmen, der Mitglied in dem Verein »RAV – Anwält/innen für Menschenrechte« ist.

Mit Dr. Rolf Gössner und Prof. Dr. Christoph Gusy unterstützen prominente Erstkläger die Verfassungsbeschwerde. Der Bremer Rechtsanwalt und Bürgerrechtler Rolf Gössner ist Präsident der Internationalen Liga für Menschenrechte (ILMR). Christoph Gusy ist Professor der Rechtswissenschaft an der Universität Bielefeld. Er begründet seine Teilnahme an der Verfassungsbeschwerde wie folgt: »Das geplante Gesetz begründet eine allgemeine, anlaß­unabhängige Duldungspflicht der Bürger im Hinblick auf mögliche polizeiliche Maßnahmen, welche ohne Wissen des Betroffenen und damit gleichfalls ohne Kontroll- oder Rechtsschutzmöglichkeit durchgeführt werden können. Eine derart allgemeine, breit angelegte Datenerhebung ist mit dem Grundrechtsschutz aus Artikel 10 des Grundgesetzes, dem Fernmeldegeheimnis, unvereinbar.«
»Die anlaßlose, zwangsweise Protokollierung der Telekommunikation der gesamten Bevölkerung ist ein eklatanter Verfassungsverstoß«, bekräftigt der Jurist Patrick Breyer vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung. »(...) Das Bundesverfassungsgericht hat bereits entschieden, daß ›eine Straftat von erheblicher Bedeutung, ein konkreter Tatverdacht und eine hinreichend sichere Tatsachenbasis‹ Voraussetzung jeder Erfassung von Verbindungsdaten ist und daß der Gesetzgeber das ›strikte Verbot der Sammlung personenbezogener Daten auf Vorrat‹ zu beachten hat. Wer gleichwohl das ziellose Anhäufen sensibler Kommunikationsdaten aller Deutschen befürwortet, macht sich des vorsätzlichen Verfassungsbruchs schuldig.«
Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung fordert, das deutsche Gesetzesvorhaben zumindest so lange auszusetzen, bis der Europäische Gerichtshof über die von Irland im Juli eingereichte Nichtigkeitsklage gegen die EG-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung entschieden hat.